Reviews
Reggae Punks
Info
Musikrichtung:
Reggae / Dancehall / Dub
VÖ: 01.03.2019 (Springstoff / Indigo) Gesamtspielzeit: 64:45 |
Man kann sich völlig überflüssig selber ein Bein stellen. Das Berlin Boom Orchestra tut das mit dem Titel der CD. Wer das Album mit der Erwartungshaltung eines Punks hört, wird es irgendwann in der Mitte entnervt in die Tonne treten. Die fantastische Dancehall Nummer „Spul’s zurück“ und der wenigstens angepunkte Reggae-Deutschrock „Wer haut dem Volk aufs Maul“ erfüllt die Erwartungen zumindest teilweise, aber spätestens ab der „Ode an die Taube“ hat sich Reggae Punks über den Umweg Reggae zu einem Dub Album gewandelt. Und wenn mit „Skank down“ dann zumindest einmal die Ska-Karte gespielt wird, dann so weich, dass es einen Punk wohl kaum begeistern wird.
Das sagt über die Qualität des Albums nun aber rein gar nichts aus. Es ist einfach nur eine falsche Flagge. Wer statt aus dem Punk-, aus dem Reggae-Lager stammt, hat hier ein feines Album vor sich. Dabei ergibt sich ein erkennbarer Wechsel der Schwerpunkte.
Wer moderneren Klängen eher ablehnend gegenüber steht, muss eine kurze Durststrecke überwinden. Das Album beginnt mit einem modernen Dreischritt, mit dem das Berlin Boom Orchestra durch die Dancehall tobt. Dabei werden gleich zwei der Highlights des Albums serviert. Das zwischen melodischen Strophen und raus gespitteten Vocals wechselnde „Spul’s zurück“ übernimmt vor allem die positiven, lebensbejahenden Seiten der Dancehall, ohne in ihre häufig anzutreffende Sterilität zu verfallen. Top ist vor allem das cool betitelte „Wer haut dem Volk aufs Maul“, in dem mit packend rockigen Tönen gegen fremdenfeindliche „Volks“meinungen angesungen wird, wobei hier kein naives Multi-Kulti gepflegt wird, sondern der antihumane islamische Volksteil gleichfalls auf’s Maul bekommt.
Drei lupenreine Reggae-Nummern folgen. Sehr sympathisch kommt dabei „Leviathan“, sehr deep gespielt und ein inhaltlich klares Statement, dass es sich beim Sänger nicht um einen notorischen Underdog handelt, sondern um einen ganz normalen Menschen, der Rebellion und Pubertät lediglich in durchschnittlicher Dosierung ausgelebt hat.
Bis „Respect & Props“ übernimmt dann Dr. Dub die Führung. Klasse und zwiespältig zugleich kommt dabei „Odysseus“. Der hohe Anspruch des Textes führt dazu, dass die Vocals ziemlich neben dem Flow liegen. Trotzdem eine starke Nummer!
„Musik für Tote“ ist ein lebendiges Dissen des durchschnittliche Radio-Programms. Es folgt ein weicher Ska, eine weitere Dancehall-Nummer und zwei ruhige Schlussnummern – „Doppelkopf“ mit Orgel und Bläsern und die akustische Version von „Als ob es nicht für immer wär“ nur mit Gitarre und leichten Percussiontupfern.
Erfreuliches Album!
Trackliste
1 | Spul's zurück | 3:33 |
2 | Originaler Stil | 3:46 |
3 | Wer haut dem Volk aufs Maul | 3:16 |
4 | Stets korrekt | 4:12 |
5 | Leviathan | 4:02 |
6 | Ping Pong mit Granaten | 3:59 |
7 | Ode an die Taube | 4:34 |
8 | Als ob es nicht für immer wär | 3:44 |
9 | Berlin Connection | 3:24 |
10 | Odysseus | 3:30 |
11 | Respect & Props | 5:19 |
12 | Musik für Tote | 3:53 |
13 | Skank down | 3:50 |
14 | Moment mal | 4:07 |
15 | Doppelkopf | 5:06 |
16 | Als ob es nicht für immer wär (Akustik) | 4:32 |
Besetzung
Valentin Dietrich (Git, Back Voc)
Philipp Hager (Keys)
Bruno Langbehn (Perc, Back Voc)
Jan Lutz (B)
Berthold Mass (Dr)
Frederick Sixtus (Trompete)
André Stock (Posaune)
Lilly Wesche (Sax, Back Voc)
Gast:
Mathieu Pé (Back Voc <4,6,7,12>)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |