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Venez Chère Ombre
Info
Musikrichtung:
Barock Kantate
VÖ: 08.02.2019 (Alpha / CD / DDD / 2018 / Best. Nr. Alpha 439) Gesamtspielzeit: 66:22 |
In einer Zeit, in der ein angeblicher Mega-Event den nächsten jagd, empfiehlt es sich, mit Superlativen sparsam zu sein. Doch in diesem Fall ist ein überschwängliches Lob wirklich einmal angebracht: Was das junge Ensemble Le Consort zusammen mit der Mezzosopranistin Eva Zaïcik unter dem Titel Venez Chère Ombre vorgelegt hat, gehört gewiss zu den aktuell herausragendsten Einspielungen von französischen Barockkantaten.
Diese Produktion ist nicht nur eine exzellente Visitikarte dieser Formation, die 2015 vom Cembalisten Justin Taylor gegründet wurde und bereits 2017 den Kritiker- und Publikumspreis beim internationalien Wettbewerb für alte Musik des Val Loire gewonnen hat. Das Album illustriert auch die Besonderheiten des französischen goût in geradezu idealer Weise.
Dabei handelt es sich bei den Werken von Louis Antoine Lefebvre, Louis-Nicolas Clerambault, Michel Pignolet de Monteclair und Philippe Courbois nicht gerade um gängiges Repertoire, manche der Stücke feiern ihre CD-Premiere. Zu ihrer Zeit waren die Herren bekannt und höchst geschätzt, heute fristen sie ein Nischendasein und werden allenfalls von spezialisierten Musikern dargeboten.
Durch die vorliegende Einspielung freilich erhält das Randständige und Kleinmeisterliche das Adelsprädikat großer Kunst - nicht zuletzt deshalb, weil die Intrepreten ein geradezu schlafwandlerisches Gespür für diese Musik mitbringen und sich nicht hinreißen lassen, durch vokal-instrumentales Overacting ein nur oberflächliches Intresse zu wecken. Vielmehr offenbart diese Aufnahme beim wiederholten Hören immer wieder neue Schönheiten. Die Sängerin und ihre famosen Begleiter*innen lauschen tief in die fein nuancierten Rezitative und die subtil ausgesponnenen Melodiebögen hinein. Vokale und instrumentale Linien verschmelzen bei ihnen zu einer höheren Einheit. Der freie Fluss des Melos, die elegante Phrasierung, die überaus delikate dynamische und klangfarbliche Ausgestaltung der einzelnen Partien lässt die Musik atmen und strömen. Jeder einzelne Ton wird mit Blick auf die klanglich-atmosphärische und expressive Wirkung präzise durchgeformt und zum Träger von Stimmung und Ausdruck. So wird das Floskelhafte, dass der barocken Musik eben auch eigen ist, vermieden.
Die Darbietung wirkt dabei angesichts des jugendlichen Alters der Musiker erstaunlich abgeklärt und zugleich tief empfunden, bei aller technischen Beherrschung eben nicht künstlich, sondern im besten, berührenden Sinne kunstvoll. Gewiss ist die anmutige, sinnliche und dezent farbige Mezzo-Stimme von Eva Zaïcik eine echte Entdeckung und hat einen ganz wesentlichen Anteil daran, dass die Zuhörenden die galant-dramatischen Affekte in diesen "Kammeropern für eine Stimme" nicht kalt lassen. Aber auch die musikalischen Vorspiele oder ein kurzes instrumentales Duo wie Plainte en Dialogue für zwei Violine ohne Bass werden auf dieser Platte zu einem Ereignis. Die weiträumige Kirchenakustik des Aufnahmeortes drängt sich nicht auf, ist aber gleichsam das Tüpfelchen auf dem "i".
Georg Henkel
Trackliste
Monteclair: La Bergere; Plainte en Dialogue; Le Depit genereux
Courbois: Ariane
Clerambault: Leandro et Hero; Simphonia IVa; Simphonia II "La Felicite" (Auszüge)
Besetzung
Le Consort: Thèotime Langlois de Swarte (Violine), Sophie de Bardonnèche (Violine), Louise Pierrard (Gambe), Anna Besson (Traversflöte), Lucile Boulanger (Gambe), Thibaut Roussel (Theorbe)
Justin Taylor: Cembalo, Orgel und Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |