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Don’t Look Back
Info
Musikrichtung:
Melodic Rock / Melodic Metal
VÖ: 30.06.2017 (1984) (Karthago Records / Soulfood) Gesamtspielzeit: 38:48 Internet: http://www.karthagorecords.de http://www.puresteel-records.com |
Touchdown-Re-Releases, Vol. 1: Don’t Look back
Touchdown kamen aus Kanada und hießen nach einer Embryonalphase als Threshold Of Pain zunächst Threshold, danach Juggernaut – zwei Bandnamen, die späterhin von anderen Musikern deutlich erfolgreicher genutzt wurden. Der Namenswechsel zu Touchdown hingegen kam nicht ganz freiwillig zustande: Wolfgang Freund von Woolfe Records, der der Combo für den Release ihres eigenproduzierten Debütalbums Don’t Look Back einen Kontrakt angeboten hatte, mochte den Namen Juggernaut nicht, die Band wiederum war mit seinem Vorschlag Blacksnake unglücklich, und so erstellte er eine Liste potentieller Bandnamen, von denen die kanadische Formation ausschließlich Touchdown für wenigstens halbwegs geeignet hielt, weshalb das der neue Bandname wurde, obwohl der „sportliche“ Beigeschmack, den dieser Begriff in Nordamerika besitzt und von dem der Deutsche keinerlei Ahnung hatte, den Musikern von Anfang an nicht behagte. Letztlich blieb es aber dabei: Das Quartett firmierte fortan unter Touchdown, und 1984 erschien dann das erwähnte Debütalbum, das freilich eher mäßigen Erfolg erntete, woran das seltsame Coverartwork sicherlich einen Anteil besaß, das keinerlei Rückschlüsse auf die Art der Musik zuließ: Man sieht – Jahrzehnte vor Google Earth! – ein Satellitenfoto einer Stadt, die den Credits zufolge vermutlich im kanadischen Staat Alberta liegt (jedenfalls wurde die Genehmigung für die Verwendung von Alberta Energy And Natural Resources erteilt), und da der Plattenfirmenchef die Idee der Band, vier fallende Bomben einzumontieren, für negativ befand, blieb es bei dem puren Luftbild. Über die Jahre hinweg erlangte das Album allerdings einen gewissen Raritätenstatus, und im Zuge der Wiederveröffentlichung des Touchdown-Schaffens auf Karthago Records im Rahmen von deren „Heavy Metal Classics“-Serie können nun 500 Menschen diese Lücke in ihrer Sammlung schließen.
Die Frage ist wie immer, wer das tun sollte. Touchdown waren trotz ihres gezackten Logos zumindest anno 1983, als sie dieses Album einspielten, keineswegs als reinrassiger Metal zu klassifizieren, selbst wenn man sich vor Augen hält, daß die Debüts von Metallica und Slayer das Härteste waren, was man in diesem Jahr für Geld erwerben konnte. Zwar überschreitet etwa eine Nummer wie das druckvolle und mit einem kräftigen Riff von Gary Hurley unterlegte, sich im Midtempo unaufhaltsam den Weg bahnende „Aktavatar“ die Grenze vom Melodic Rock zum Melodic Metal deutlich, aber der sechsminütige Opener und Titeltrack hat bereits eine andere Richtung vorgezeichnet: Der nicht fest zur Besetzung gehörende Ted Alexander spielt mit seinen Keyboards oft eine recht dominante Rolle, so daß dieser Song und auch so manch anderer etwas an eine leicht gehärtete Version der knackigeren Foreigner-Nummern (denke an „Urgent“ etc.) erinnert, während „Outlaws“ einen tangoartigen Rhythmus verarbeitet und das nur reichlich zweieinhalb Minuten kurze „A Fool Believes“ mit seinem gewissen Bluestouch ein anderes Vorbild der Combo offenbart, nämlich ihre Landsleute Frank Marino & Mahogany Rush, deren 1982er Album Juggernaut übrigens Pate für den zwischenzeitlichen Namenswechsel der seinerzeitigen Threshold stand. So entsteht kein einheitliches stilistisches Bild von Touchdown, wenngleich Gary Hurleys zumeist recht druckvolles Riffing auch den „nichtmetallischen“ Nummern durchaus eine Extraportion Punch verleiht. Seine Soloarbeit hingegen ist noch sehr deutlich in historischen Rockgefilden verwurzelt – mit der neuen Generation von Metalgitarrenhelden wollte er offenbar nicht konkurrieren. Als zentrales verbindendes Element fungiert allerdings die Sängerin – und dabei war Terry Kushner eigentlich nur eine Notlösung: Ursprünglich sang Garys Gefährtin Ana Hurley, aber die Wege der beiden trennten sich nicht allzulange nach der Einspielung des Albums, und die Band beschloß, das Album nicht in dieser Form, also mit einer gar nicht mehr im Line-up befindlichen Sängerin, zu veröffentlichen, sondern den Gesang nochmal mit ihrer neuen Frontfrau aufzunehmen. Die entpuppte sich freilich als stimmlicher Volltreffer: gleichermaßen mit Power und mit Gefühl singend, dazu einwandfrei tontreffsicher – sie hätte durchaus das Zeug zu Größerem gehabt. Ihre Stimme macht Touchdown definitiv ein Stück weit originell und trägt nicht wenig zum Charme bei, den dieses Album auch mehr als 30 Jahre nach seiner erstmaligen Veröffentlichung verströmt, wenngleich es sicherlich nicht in die allererste Reihe des Melodic Rocks gehört. Aber wenn hier in den Mittachtzigern ein Majorlabel angebissen hätte, wäre nicht auszuschließen gewesen, daß Touchdown eine größere Karriere hätten machen können. Nur war Kanada damals wie heute nicht der Nabel der Rockwelt, die Westküste um die 1988er Olympiastadt Calgary, wo die Bandmitglieder siedelten, schon gar nicht (die Zentren der landesinternen Szene lagen in den östlichen Metropolen), und der Weg ins jenseits der US-Grenze befindliche Seattle war ähnlich steinig. Zudem war die Halbballade „Hello“ zwar stilistisch airplaygeeignet, aber mit sechs Minuten viel zu lang, um außerhalb von irgendwelchen Spezialsendungen Gehör zu finden. Zwar weiß die Qualität von Songs wie dem flüssigen „The Way You Are“, dem ungewöhnlichen „Biotronics One (Spirit In A Well)“ oder dem flotten Rausschmeißer „Threshold Of Pain“, der den allerersten Bandnamen im Gedächtnis hält, durchaus zu überzeugen, aber entscheidend vorwärts kam die Formation zunächst erstmal nicht, wenn man den Deutschland-Deal für eine kleine Band von der kanadischen Westküste in lange vor der weltweiten Vernetzung liegenden Zeiten nicht schon als großen Schritt vorwärts ansehen will, der es ja auch war, wie diverse im Booklet des mit Texten, Liner Notes und Bildern vorbildlich ausgestatteten Re-Releases abgebildete Ausschnitte aus Calgarys Zeitungen der damaligen Zeit verdeutlichen. Was es nicht gibt, sind Bonustracks – abgesehen vom 2017er Remastering ist die Musik also mit der Original-LP identisch, so daß deren Besitzer (es werden nicht viele sein) die CD nicht nochmal erwerben müssen, während noch nicht mit der Band vertraute Menschen, die sich eine gehärtete Foreigner-Variante mit weiblichen Vocals vorstellen können, hier eine interessante Entdeckung machen könnten.
Roland Ludwig
Trackliste
1 | Don’t Look Down | 6:04 |
2 | The Way You Are | 4:47 |
3 | Biotronics One (Spirit In A Well) | 3:30 |
4 | Aktavatar | 4:25 |
5 | A Fool Believes | 2:39 |
6 | Mystery Trail | 3:41 |
7 | Outlaws | 3:57 |
8 | Hello | 6:05 |
9 | Threshold Of Pain | 3:34 |
Besetzung
Gary Hurley (Git)
Dave Temple (B)
Perry Segal (Dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |