Reviews

Theile / Schütz / Erlebach u.a. (Pluhar)

Himmelsmusik

Info Musikrichtung: Barock VÖ: 05.10.2018 (Erato / Warner Classics / CD / 2018 / Best. Nr. 0190295634001) Gesamtspielzeit: 75:19 Internet: L´Arpeggiata

Wer sein Album „Himmelsmusik“ betitelt, spielt nicht nur auf eine barocke Vorstellung an, sondern setzt auch die Erwartungen ziemlich hoch. Die neue CD von Christina Pluhar erfüllt diese Erwartungen durchaus in mancherlei Hinsicht und zwar insbesondere, was die Auswahl der Stücke, aber auch, was den Instrumentalpart betrifft. Aus der reichen Bibliothek mit geistlicher Musik aus deutschen Landen im 17. Jahrhundert wird eine hübsche Blütenlese präsentiert, die sich nicht auf das gängige Repertoire (Schütz; J.C. Bach) beschränkt, sondern auch viel Unbekanntes vorstellt, das durchaus hörens- und kennenswert ist. Dazu gehören hier zum Beispiel die Stücke von Crato Bütner und Johann Rudolf Ahle, aber auch die Chiaconna a 4 eines unbekannten Meisters. Letztere verdeutlicht exemplarisch die Qualitäten von Pluhars Ensemble L´Arpeggiata, das diesmal auf angejazzte Einsprengsel verzichtet, um Musik in ihrer ganzen Farbigkeit und Komplexität transparent, aber mit rhythmischer Finesse erlebbar zu machen. Das gelingt auch bei der Begleitung der Vokalstücke exzellent und führt zu einem selten ausgewogenen Verhältnis von Vokal- und Instrumentalpart.

Womit wir bei den Sängern wären: Philippe Jaroussky und Céline Scheen verfügen beide über Stimmen mit einem klangschönen, dem Ohr schmeichelnden Timbre, verlassen sich aber etwas zu sehr hierauf. Scheens Vortrag bleibt ohnehin eher monochromatisch, aber auch Jaroussky wagt wenig rhetorische Gestaltung der Text, die doch von den existenziellen Fragen des Menschen künden. Vielleicht beruht all dies auf einem Missverständnis protestantischer Musiktradition, die man womöglich für eher nüchtern und zurückhaltend erachtet, was sie aber – zumindest im 17. Jahrhundert – keineswegs war. Vielmehr reicht hier eigentlich vieles an opernhafte-barocke Affektsprache heran und das dürfte man gerne auch hören, zumal es dem Ohr deutlich mehr Abwechslung bescheren würde.

Sven Kerkhoff