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Solo for Piano u. a. (John Cage: The Works for Piano 10)
Info
Musikrichtung:
Neue Musik Klavier
VÖ: 19.09.2018 (Mode Records Klassik Center Kassel / CD / AD 2013-14 / DDD / Best. Nr. Mode 304) Gesamtspielzeit: 61:02 |
BEILÄUFIGE SCHÖNHEIT
John Cages "Solo for Piano" aus dem Concert for Piano and Orchestra aus dem Jahr 1958 ist so etwas wie ein erstes "Opus Summum" des Komponisten: Auf 63 einzelnen Blättern kommen nicht weniger als 84 kompositorische Verfahren zum Einsatz, die alle mehr oder weniger stark Zufallsoperationen und verschiedene Grade von Unbestimmtheit einbeziehen. Optisch ist das Ganze mitunter sehr attraktiv, nicht umsonst wurden die oft kaligraphisch gestalteten Partituren von Cage schon als grafische Kunstwerke ausgestellt.
Die Ausführung des "Solo for Piano" eröffnet dem Interpreten große Mit-Gestaltungsräume, stellt aber auch höchste Anforderungen an die Disziplin und Verantwortung; es bedarf einer aufwändigen Vorbereitung, um aus den schier unendlichen Kombinations-Möglichkeiten und Spielanweisungen eine darstellbare Version zu erarbeiten. Entsprechend vielgestaltig sind die Resultate, sowohl was die klangliche wie auch die zeitliche Dimension angeht.
Der amerikanische Pianist Thomas Schultz benötigt rund eine Dreiviertelstunde für seine Fassung des Solo. Bei aller Würdigung der oft sehr unterschiedlichen, auch geräuschfreundlichen Klangspiele, die Cage im Solo installiert, tendiet Schultz' Ansatz doch zu einer gewissen Einheitlichkeit: Die heterogenen Momente von Cage Komposition inklusive der eingebauten elektronischen und Nicht-Klavier-Klänge werden zu einem großen Ganzen verbunden. In vielen Abschnitten wirkt die Musik - immer in Relation zum Kontext - entspannt, kontemplativ, um nicht zu sagen "harmonisch" und lyrisch - oder, je nachdem, auch vorsichtig tastend und konventioneller als in anderen Darstellungen. Diese entspannte Grundhaltung passt vielleicht ganz gut zu der Zen-Haltung, der sich Cage' Musik verdankt. Das Ergebnis ist oft eine Art beiläufige Schönheit, die sich für ihre Schönheit nicht groß interessiert und gerade darum berührt. Wie Christian Wolff, ein Freund und Kollege von Cage, einst sagte: "Egal was wir machen, alles gerät uns schließlich zur Melodie."
Manches in diesem "Solo for Piano" klingt wie ein Echo der anderen Stücke auf dieser CD: Der Mix aus Zwölftönigkeit und Modalität der Two Pieces for Piano aus dem Jahr 1936 tönt in Schultz' Interpretation des Solos ebenso nach wie der fragmentarische Stil der Two Pieces for Piano aus dem Jahr 1946.
Was bei dieser Aufnahme leider immer wieder irritiert, sind die Aufnahmetechnik und schwankende Klangqualität: Deutlich hörbar sind die Schnitte nicht nur zwischen den größeren Abschnitten des "Solo for Piano", sondern auch innerhalb der Tracks. Einige Töne wirken etwas übersteuert. Mitunter vernimmt man im einen oder anderen Kanal ein stärkeres Rauschen oder ein Summen (der Mikrofone?). Der Klang ist eher trocken, wie im heimischen Wohnzimmer aufgenommen. Dem Ganzen haftet so ein gewisser Probencharakter an.
Georg Henkel
Trackliste
1 | 01-02 Two Pieces for Piano (1936) | 3:18 |
2 | 03-08 Solo for Piano (1958) | 46:13 |
3 | 09-10 Two Pieces for Piano (1946) | 10:34 |
4 | 11 Swinging (1989) | 0:57 |
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |