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Joan Jett

Bad Reputation

Info Musikrichtung: Rock VÖ: 28.09.2018 (Blackheart / Legacy / Sony) Gesamtspielzeit: 56:26

Epilog:
An meine Erstbegegnung mit Joan Jett kann ich mich noch gut erinnern. Sie fand in einem kleinen Nebenraum des eh schon kleinen Plattenladens Can auf der Lister Meile in Hannover statt. Dort konnte man sich völlig frei mit einem ganzen Stapel LPs bewaffnen, um sie auf einem der drei Plattenspieler per Kopfhörer anzutesten. Fleißige Bravo-Lektüre hatte mein Interesse an u.a. zwei, mir bislang völlig unbekannten Bands geweckt.

Und so lauschte ich u.a. Dirty Deeds done Dirt cheap und entweder dem Runaways-Debüt, oder dem Nachfolger Queens of Noise. Da bin ich mir nicht mehr ganz sicher. Was ich noch weiß – beide Scheiben haben mir außerordentlich gefallen. Ein Kauf war aber budgetmäßig nicht drin. Ich weiß auch nicht mehr, ob ich damals irgendeine andere Scheibe erworben habe, oder – wie so oft – den Laden ohne etwas zu kaufen verlassen habe.

Fakten:
Warum ich all das erzähle? Weil mein Wissen um Joan Jetts Vorgeschichte es verhindert hat, dass sie mir irgendwann einmal einfach nur als One-Hit-Wonder präsent wäre. Das ist sie nicht. Aber sie ist genauso wenig die Akzent setzende Rock-Größe, als die sie im Promotext erscheint.

Die Wahrheit liegt – wie so oft – dazwischen. Joan Jett hat zwischen 1980 und 1994 neun Alben, davon ein Coveralbum, veröffentlicht, darunter in den USA drei Top 20 Alben. In Europa ist lediglich das Album I love Rock’n’Roll gechartet und nur in Österreich bis in die Top 20 vorgestoßen. Nach 2004 gab es noch einmal drei Alben, die chartmäßig unauffällig waren und lediglich einen 47. Platz in den USA einfuhren.

12 Singles in den 80ern erbrachten in den USA zehn Einträgen in den Top 100, zur Hälfte sogar in den Top 20. In Europa sieht es anders aus. Hier gibt es die Top Single „I love Rock’n’Roll“, die den beiden Nachfolge-Singles – u.a. das „Crimson and Clover“-Cover – mit konsequent abfallender Tendenz die Kraft nach oben mitgibt.

Review:
Mit Bad Reputation legt Joan Jett einen Karriereüberblick vor, der sowohl Titel ihrer Solowerke umfasst, die in der Regel unter dem Namen Joan Jett and the Blackhearts erschienen sind, als auch zwei Stücke der Runaways, je ein Stück von Bikini Kill und Fea, sowie zwei Stücke, die sie in Kooperation mit anderen Musikern aufgenommen hat.

Am Ende wünscht man sich, dass Joan Jett mehr Stücke berücksichtigt hätte, die nicht unter ihrem Namen erschienen sind. Egal ob Runaways, Bikini Kill oder Fea – die Stücke kommen bissiger, dynamischer, punkiger und mit mehr Wumms daher als der Rest.

Da ist fraglos „I love Rock’n‘Roll” das Highlight, gefolgt von „I hate myself for loving you“, das erkennbar an den Riesenhit angelehnt ist. Ansonsten geht durchgehend viel zu brav und unspektakulär an den Start. Etwas Aufmerksamkeit erregen bestenfalls das flotte poppige „Change the World“ und die Collaboration-Nummer „Androgynus“, die in den Country-Rock-Bereich abdriftet.

Der blasse Eindruck der Musik wird von der Darreichung verstärkt. Das Booklet verdient seinen Namen nicht. Außer der Tracklist und den Autoren- und Firmen-Credits enthält es nichts. Liner-Notes, die uns ein paar Informationen zu Bikini Kill und Fea liefern würden, erscheinen in einem Umfeld, das nicht einmal die Entstehungsdaten der einzelnen Tracks enthält, schon fast utopisch.

Fazit:
Bad Reputation ist ein liebloses Cash-In, mit dem Fans gemolken werden sollen. Besser Finger weg!

Norbert von Fransecky