Reviews
Paradise Lost
Info
Musikrichtung:
Electronic / Modern Classical / Contemporary Music
VÖ: 15.06.2018 (Fabrique Records) Gesamtspielzeit: 45:08 |
Christopher Chaplin, britischer Komponist und Elektronikmusiker ist der jüngste Sohn von Filmlegende Charlie Chaplin. In den letzten Jahren war er reichlich auf den Bühnen unterwegs, unter anderem mit Hans-Joachim Roedelius, deutscher Elektronikpionier bekannt von Cluster und Harmonia. Nachdem er unterschiedlichste Konzerte und Ausstellungen gespielt hat, hat er sich nun Zeit für sein zweites Soloalbum Paradise Lost genommen. Auf diesem vertont er wie auf dem Vorgängeralbum eine Novelle, diesmal die gleichnamige von John Milton, welches über das Dasein der gefallenen Engel in der Hölle berichtet.
Die Musik gibt dieses gespenstige Thema sehr eindringlich wieder. Im Gegensatz zum Erstlingswerk ist der Anteil der Contemporary Music in Form vieler dissonanter Klänge angestiegen. Auf der anderen Seite hat Chaplin einen düsteren, aber schwebenden Soundteppich gewoben, der all diese Geräusche und Klänge zu vereinen weiß. Hinzu kommt der Gesang des Tenors Nathan Vale, der sich ebenfalls gut in die beklemmende Stimmung einbringt und dem Werk so einen Anstrich der Musik eines Scott Walkers gibt.
Im zweiten Stück übernimmt die Amerikanerin Leslie Winter den Vocalpart im erzählerischen Stil. Die Musik wird etwas lichter, doch bleiben die unheilvollen diffusen Klänge steter Begleiter. Nach und nach wird die Musik immer mehr zum beängstigenden Soundtrack für den gebrochen wirkenden Wortvortrag. Doch kaum scheint man diese Atmosphäre kaum mehr ertragen zu können, setzen kurz Streichersounds ein, die melodisch sehnsuchtsvoll zum Weiterhören auffordern. Die kakophonischen Klänge setzen sich dann langsam zu einer melodischen Rhythmusfigur zusammen, die vor der dröhnenden Elektronik den nächsten Teil gesprochener Lyrik einleiten. Ein manischer, unwirklicher 17 Minuten langer Soundtrack für das Höllenfeuer.
Das abschließende dritte Stück ist dann eine dunkle Mischungen aus Sounds und Klängen, einem mystischen elektronischen Grundklang, dem Tenor und engelsgleichen Gesängen.
Insgesamt ist das zweite Chaplin-Album ebenso intensiv wie sein Vorgänger. Man wird auch nach etlichen Hördurchgängen noch Dinge entdecken, die man vorher überhört hat. Und natürlich ist auch dieses Album nichts zum Nebenbeihören. Paradise Lost ist sogar noch einen Tacken schwerer, beängstigender als sein Vorgänger, schafft es aber andererseits nicht so, wie der Vorgänger, mich mitzunehmen. Das liegt an der dem ganzen Album überspannenden sehr düsteren Stimmung mit nur wenigen Ausbrüchen.
Trotzdem ist Paradise Lost ein spannendes, innovatives und anspruchsvolles Werk geworden, welches zu rechten Zeit einen eindringlichen Hörgenuss bereitet.
Wolfgang Kabsch
Trackliste
1 | I Dread | 18:54 |
2 | Dave the shoe | 17:03 |
3 | Of this world | 9:11 |
Besetzung
Nathan Vale: Tenor
Lslie Winer: Narriation
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |