Reviews
Big Barrel Organ
Info
Musikrichtung:
Avantgarde
VÖ: 03.11.2017 (Challenge) Gesamtspielzeit: 67:44 Internet: http://www.bramstadhouders.nl/ https://challengerecords.com/ https://www.martinaweinmar.de/ |
Ganz so neu erscheint mir das nicht, was hier auf sehr ungewöhnliche Weise geschieht. Hier ist der am 23.Januar 1987 in Tilburg geborene Bram Stadhouders aus den Niederlanden am Werk. Der Musiker startete seine Karriere im Alter von sechs, als er seine erste Gitarre in Händen hielt. Nun, Vater war Gitarrist und Mutter Pianistin, und so kam er in jungen Jahren mit klassischer Musik und Jazz in Berührung. Allerdings musizierte er im Alter von elf mit einer Rockband. Später, im Laufe des Studiums, waren es elektronische Musik und Komposition, die das musikalische Umfeld erweiterten und festigten. Und so entstand 2007 ein erstes Album, “Tonelist“.Weitere Alben folgten, und nun das hier, ganz anders als die vorherigen, die sich mehr mit Jazz und Ambient beschäftigten.
Denn Stadhouders steuert von seiner E-Gitarre aus eine Barrel-Organ per MIDI, das klingt irgendwie total verrückt und durchgeknallt, zumindest, wenn man den Eröffnungstitel “Arison“ hört. Eine unruhige und hektische Stimmung wird erzeugt, im Vordergrund improvisiert der Mann auf seiner E-Gitarre und im Hintergrund quietsch und pfeift die Orgel, im Übrigen auf mehr als achthundert Orgelpfeifen. Hierzu hat Bram sich eine ganz besondere Orgel beschafft, die angeblich weltgrößte transportable Tanzhallen-Orgel, genannt “Rhapsody“. Das imposante Teil ist sieben Meter lang und fünf Meter hoch, mit einem Gewicht von mehr als fünf Tonnen. Der Sound dieser Orgel ist imposant, und wer einmal in den Niederlanden war, hat in größeren Städten wohlmöglich bereits einmal so ein Teil spielen hören. Dieser volle Klang ist mitreißend, zumal auch noch Perkussionsinstrumente für den Rhythmus integriert sind. Man kann durchaus von einem Vorläufer des Synthesizers sprechen.
Doch wie passt das hier zusammen? Denn das, was man an entsprechenden Melodien mit einem solchen Gerät verknüpft, erlebt man auf dieser Platte nicht. Stadhouders hat die Titel 2 und 4 komponiert und alles andere ist Improvisation. Und das kann absolut an den Nerven zerren. Man sollte daher schon eine Neigung zu Jazz oder moderner Klassik haben, um grundsätzlich offen und aufnahmebereit zu sein. Denn dann offenbart sich ein einmaliger Klangkosmos, in den man tief eintauchen kann und bei Gefallen darin versinken. Von den improvisierten Titeln empfehle ich am besten zunächst mit “Ktesibios“ zu starten, hier ist eine gewisse Nähe zum Genre Ambient zu spüren, hier klingt es fast wie Kirchenorgel, was im Hintergrund wuchtig wabert, und darüber setzt der Protagonist seine flinken und romantischen Gitarrenläufe, ein wenig erinnert er mich hierbei an Philip Catherine, den so lyrischen Gitarristen.
Bei dem zweiten komponierten Song, “Heron“, wird dann auch die Perkussion der Orgel etwas mehr in den Vordergrund gerückt und das Stück entwickelt sich ständig und hat tatsächlich eine gewisse Nähe zu von Synthesizern erzeugter Musik, in die etwas über vierzehn Minuten ist recht viel Abwechslung, wenngleich auch mitunter skurriler Art, hineingepackt. “Leaving Leaves“, so etwas erinnert mich an Kompositionen von Klaus Schulze, und “Uitlaapklep“ lässt noch einmal rumpelnde Schlaggeräusche durch die Szenerie holpern, bis wir mit “Aboense“ recht locker und fröhlich anmutend aus einer Platte mit sehr anstrengender Musik entlassen werden.
Ach ja, anfänglich bemerkte ich, dass mir so etwas nicht neu erscheine, und dazu nenne ich ähnlich angelegte Beispiele, einmal war das der niederländische Komponist, Saxofonist und Bandleader Willem Breuker mit seiner Platte “Lunch Concert for Three Amsterdam Street Organs“, und dann, ein wenig anders geartet, versuchte sich Pat Metheny einst mit einem konstruierten akustischen Instrument, dem Orchestrion, das er dann auch mittels seiner Gitarre steuerte.
Trackliste
2 Papaver (8:48)
3 Ktesibios (7:43)
4 Heron (14:35)
5 Leaving Leaves (8:14)
6 Syrinx (2:05)
7 Uitlaatklep (11:51)
8 Aboense (7:20)
(all tracks improvised except tracks 2 & 4 composed)
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |