····· Wolvespirit verkaufen Bullshit ····· Rock of Ages - Zusatzshows in 2025 ····· Ally Venable veröffentlicht Video zur neuen Single „Do you cry“ ····· Das zweite Album von Wizrd kommt zum Nikolaus ····· 40 Jahre Helloween - Das muss gefeiert werden ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Johnson, R. - Lawes, W. - Jenkins u.a. (Daucé, S.)

Perpetual Night. Ayres und Songs


Info

Musikrichtung: Barock Ensemble

VÖ: 20.04.2018

(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2017 / Best. Nr. HMM 902269)

Gesamtspielzeit: 72:14

"WHEN ORPHEUS SANG ..."

Dieses Album mit Ayres und Songs aus dem England des 17. Jahrhundert ist ein kleines - oder vielleicht großes? - Wunder. Von der durchgängig kammermusikalischen Besetzung und der mitunter einfachen Faktur der Stücke sollte man sich bei seinem Urteil nicht leiten lassen. Auch Miniaturen können großmeisterlich klingen und eine kongeniale Darbietung kann sie ohne weiteres in den Rang herausragender Kunstwerke erheben.

Unter dem Titel Perpetual Night haben Sébastien Daucé und sein Ensemble Correspondances eine Sammlung solistischer und mehrstimmiger Vokalmusik diverser Komponisten zu einem Querschnitt zusammengestellt. Dem bislang überwiegend mit französischer Musik des 17. Jahrhunderts hervorgetretenen Ensemble ist eine musikalisch wie interpretatorisch begeisternde und vor allem tief bewegende Produktion gelungen. Frappierend, wie es überdies gelingt, die Nähe zwischen französischer höfischer Vokalmusik und ihrem englischen Pendant sinnfällig werden zu lassen - nicht nur die späten Semi-Operas von Henry Purcell sind durch Jean-Baptiste Lullys lyrische Musiktragödien geprägt. Bereits die kleineren kammermusikalischen Formate, die auf der britischen Insel von Komponisten wie Robert Johnson, William Lawes, Robert Ramsey, John Jenkins oder Mathew Locke gepflegt wurden, haben im Hinblick auf Besetzung und Ornamentierung sozusagen einen französischen Akzent.
Davon abgesehen sind sie aber auch unverkennbar Eigengewächse der englischen Musikkultur: Der verbindliche, mitunter volksnahe Ton der Song-Melodien oder die sinnliche Harmonik und eine an italienischen Meistern geschulte, chromatisch geschärfte Ausdruckskraft charakterisieren sie als eigene, originelle Schöpfungen, wie z. B. William Lawes ergreifender Trauergesang "Music, the master of thy art is dead". Manche dieser Stücke können, vergleichbar den späten Madrigalen Monteverdis, zu regelrechten Miniatur-Opern entfaltet werden: mit Rezitativen, Arien, Ensembles, wie z. B. John Hiltons "Rise, princeley sheperd".

Als "Primadonna inter pares" ragt auf dieser Produktion der Mezzosopran Lucille Richardot heraus. Mit ihrer faszinierend androgynen, geheimnisvoll opak schimmernden Stimme ist sie die ideale Interpretin der oft tief melancholischen, auch schmerzhaft sinnlichen Musik. Sie verfügt über ein Timbre, mit dem sie strahlende Töne ebenso wie verinnerlichte und auch verhangene, zwielichtige Klänge gleichermaßen überzeugend zu gestalten weiß.
Das Programm beginnt mit einer Reihe von instrumentalbegleiteten Solostücken, im weiteren Verlauf treten die übrigen Sänger*innen des Ensemble Correspondances dann in unterschiedlichen mehrstimmigen Besetzungen stärker in den Vordergrund. Sinnig wechseln die Genres und Formate, reine Instrumentalstücke lockern die Folge auf. Erstaunlich die Intensität und Klangfülle, die fünf Sänger*innen und ein Dutzend Instrumentalisten entfalten können - diese freilich ist kein Selbstzweck, sondern das Fundament für eine dramatisch schlüssige "Klangfarbenregie" und die Vertiefung des Ausdrucks. Durch die obertonreichen Timbres gelingt es, selbst konventionell anmutende Wendungen auf eine mitunter erschütternde Weise expressiv aufzuladen - die Finalsteigerung von Hiltons "Rise, princeley sheperd" ist dafür ein besonders eindrückliches Beispiel. So reiht sich ein bemerkenswertes Stück, ein Juwel hinter das andere.

Ein ernsthaft-tragischer Grundton freilich bleibt fast durchgängig das atmosphärische Leitmotiv dieser Kompositionen, die, wie könnte es anders sein, meist die (unerfüllte) Liebe zum Thema haben. John Blows schwungvolles "Sing, sing, Ye Muses" sorgt am Ende freilich für einen heiteren Ausklang. Der Hörer genießt das eine wie das andere - und schweigt angesichts der großen Kunst der, abgesehen von Henry Purcell, oft wenig bekannte Komponisten und ihrer herausragenden Interpreten.



Georg Henkel

Trackliste

Johnson: Care-charming sleep
Lawes: Whiles I this standing lake; Music, the master of thy art is dead; Britanocles the great and good appears
Coperario: Go, happy man
Ramsey: What tears, dear Prince, can serve; Go, perjured man; Howl not, you ghosts and furies
Lanier: No more shall meads
Jenkins: Pavan in F
Banister: Give me my lute; Amintas, that true hearted swain
Webb: Powerful Morpheus, let thy charms
Hilton: Rise, princely sheperd
Hart: Adieu to the pleasures
Blow: Poor Celadon, he sights in vain; Epiloge "Sing, sing, ye Muses"
Locke: Saraband
Purcell: When Orpheus sang
Jackson: Phillis, oh! Turn that face away

Besetzung

Lucile Richardot: Mezzosopran

Ensemble Correspondances

Sébastien Daucé: Orgel, Virginal und Leitung
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger