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Matthäuspassion u. a.
Info
Musikrichtung:
Oratorium
VÖ: 01.03.2005 Zig Zag Territories / Note 1 CD DDD (AD 2004) / Best. Nr. ZZT 050402 Gesamtspielzeit: 70:20 |
PASSION PLUS
Die Matthäus-Passion von Heinrich Schütz aus dem Jahr 1666 ist ein liturgisch strenges Werk: A capella für acht solistische Stimmen in zwei Chören gesetzt, beschränkt es sich allein auf die musikalische Darstellung der biblischen Passionserzählung aus dem 26.und 27. Kapitel des Matthäusevangeliums. Bis auf einen kurzen chorischen „Introitus“ und „Beschluss“ gibt es weder Choräle noch Arien, wie man sie aus den großen oratorischen Passionen des 18. Jahrhundert kennt.
Knappheit und Konzentration des Werks gehen allerdings nicht auf eine künstlerische Entscheidung Schütz’ zurück, sondern folgen den liturgischen Gegebenheiten des Dresdener Hofesgottesdienstes: der erzählende Text wird in einer Art imaginärer Gregorianik kantilliert, Jesus und die übrigen Personen singen in einem etwas expressiveren bzw. charakterisierenden Duktus, dazu kommen die mehrstimmigen „Volks“-Chöre.
So gesehen eignet sich diese protestantische Komposition heute bestens für den katholischen Karfreitagsgottesdienst, bei dem keine Instrumente zugelassen sind.
Die Ausführung durch das Ensemble Akadêmia beschränkt sich allerdings nicht auf das nackte Werk, sondern ergänzt es durch weniger strenge, orgelbegleitete Motetten des Komponisten: Die Seele Christi heilige mich aus den Kleinen geistlichen Konzerten I sowie SWV 61 & 62 aus den Cantiones sacrae. Zum Schluss erklingt noch die umfangreiche Litanei SWV 458. Zwar hat man Passionen seinerzeit an emotionalen Höhepunkten durchaus durch Gemeindegesang oder betrachtende Stücke unterbrochen. In diesem Fall handelt es sich jedoch einfach um eine künstlerische Entscheidung der Ensembleleiterin Françoise Lasserre. Schütz’ Musik schien ihr für heutige, bachverwöhnte Ohren zu schlicht.
Das ist natürlich eine relative Einschätzung: Verglichen mit einem zeitgenössischen Werk wie Arvo Pärts „Passio secundum Joannem“ ist diese Passion geradezu ein reiches, dramatisches Werk! Zumal die Sänger/innen von Akadêmia die Partien in jedem Augenblick mit Ausdruck und Lebendigkeit erfüllen und die madrigalesken Wendungen in den Volkschören bzw. „Ensembles“ angemessen auskosten.
So fehlt der Musik überhaupt nichts; sie ist wie sie ist: musikalische völlig ausgreift und in ihrer Verdichtung des Ausdrucks ergreifend. Die zusätzlichen, zweifelsohne sehr schönen und stimmigen Stücke erfahren zwar eine nicht weniger eindringliche und stilistisch überzeugende Darbietung, hätten ihren Platz aber besser in einem Anhang gefunden.
Georg Henkel
Trackliste
Die Seele Christi heilige mich 1639 SWV 325
Cantiones Sacrae 1625 SWV 61 & 62
Litanei SWV 438
Besetzung
Jan van Elsacker (Evangelist)
Matthew Baker (Jesus)
Cécile Kempenaers, Karine Serafin (Sorpan)
Damien Guillon, Sophie Toussaint, Régine Orlik (Alt)
Hervé Lamy, François Roche (Tenor)
Philippe Roche, Emmanuel Vistorky (Bass)
Emanuel Mandrin (Orgel)
Ltg. Françoise Lasserre
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |