Reviews
Reap The Storm
Info
Musikrichtung:
Hard/Retro/Psychedelic Rock
VÖ: 29.09.2017 (MIG / Indigo) Gesamtspielzeit: 69:51 Internet: https://www.facebook.com/wucanmusic |
Retrorock und kein Ende... Aber halt, das Quartett Wucan ist viel zu eigensinnig, um mit einem Gähnen abzuwinken. Klar, Sängerin und Oldschool-Sound. Da wirft man gleich die Blues Pills und Wolvespirit ins Rund. Doch die Ostdeutschen machen alles ein bisschen anders. Nicht umsonst, bezeichnet man sich selbstironisch (?) als „Kräuterrock“.
Bluesige Riffs treffen auf versponnene Psychedelic-Parts, dampfende Grooves auf knalliges Stampfen, nur um später in Hippie-Sphären abzutauchen. Die Songs mal betont jammig, dann wieder straight und kompakt. Schlagzeug, Bass, Gitarre und Keyboardsounds geben die Richtung vor, die Ian-Anderson-Gedächtnisquerflöte springt genussvoll drüber hinweg und am Ende reist Sängerin, Multiinstrumentalistin sowie Songschreiberin Francis Tobolsky das Geschehen doch immer ganz selbstbewusst an sich. Dabei gibt sie abwechselnd das Blumenmädchen, die Rockfurie mit Hang zum Soul oder überrascht mit einer Exzentrik in bester Nina-Hagen-Manier.
Letzteres im Speziellen bei der zehnminütigen Eröffnung „Wie die Welt sich dreht“. Hier tauscht man das Angelsächsische gegen einen interessanten deutschen Text ein. Dürfte gerne öfter sein, hebt man sich so noch mehr von der Konkurrenz ab. Der Song an sich: ein herzhafter Boogie mit fuzzy Gitarren und lässigem 70er-Flair, fein verspielt und trotz seiner Länge keineswegs langatmig. Es ist nicht die einzige längere Nummer. Die beiden letzten Stücke „Again Ten Years In Two Seconds“ und „Cosmic Guilt“ nehmen glatt zwei komplette Vinylseiten für sich ein. Während erstgenanntes Stück durch sämtliche Tiefen des Wucan-Sounds taucht und als fein ausgelegtes Opus taugt, zeigt die Abschlussnummer die Jam-Lust der Band. Raus aus dem Proberaum und rein in die Platte. Purer Psychedelic-Blues.
In die Beine gehen dafür die kurzweiligen, kurzen Stücke, die sich zwischen treibendem Proto-Metal („Out Of Sight, Out Of Mind“) und halluzinogenem Schlender-Rock pendeln. Und egal in welche Richtung das Ganze ausschlägt: es bleibt sympathisch kauzig. Wucan entpuppen sich dabei als richtige Rattenfänger, wie im gleichnamigen Song („The Rat Catcher“) beschrieben. Wenn man sich auch wehren möchte, Wucan nehmen einen gefangen.
Es geht also doch noch was im ausgelutschten Vintage-Bereich. Man braucht nur genügend Einfallsreichtum und Lust an der Sache. Reap The Storm bietet eine frische Version des Krautrocks. Beide Daumen nach oben dafür!
Mario Karl
Trackliste
1 | Wie die Welt sich dreht | 9:59 |
2 | Ebb and Flute- The Eternal Groove | 6:04 |
3 | Out of Sight, Out of Mind | 3:24 |
4 | I'm Gonna Leave You | 5:00 |
5 | The Rat Catcher | 5:25 |
6 | Falkenlied | 4:50 |
7 | Aging Ten Years in Two Seconds | 21:05 |
8 | Cosmic Guilt | 18:04 |
Besetzung
Tim George: Guitars, Keys
Patrik Drög: Bass
Philip Knöfel: Drums, Percussion
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |