····· Wolvespirit verkaufen Bullshit ····· Rock of Ages - Zusatzshows in 2025 ····· Ally Venable veröffentlicht Video zur neuen Single „Do you cry“ ····· Das zweite Album von Wizrd kommt zum Nikolaus ····· 40 Jahre Helloween - Das muss gefeiert werden ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Supertramp & Various Artists

Extremes


Info

Musikrichtung: Beat / Prog

VÖ: 30.06.2017 (1971)

(Gonzo)

Gesamtspielzeit: 55:18

Die Interpretenangabe, die den Eindruck erweckt, man habe es hier mit einem neuen (alten) Supertramp-Album zu tun ist schlicht und ergreifend Etikettenschwindel. Extremes ist der Soundtrack zu einem 1971 erschienenen Dokumentarfilm, zu dem Supertramp drei von 13 Titeln beigesteuert haben. Der Soundtrack ist nun zusammen mit dem erstmals auf DVD erscheinenden Film (81:02 min) als Bonus-DVD neu veröffentlicht worden. Das Booklet enthält ein mehrseitiges aktuelles Interview mit dem Filmemacher Tony Klinger.

Werfen wir zuerst einen gründlichen Blick auf den Film:

1971 drehten Tony Klinger und Michael Lytton den Dokumentarfilm Extremes, der die Londoner Szene zu Beginn der 70er portraitiert. Die Dreharbeiten werden im Booklet als schwierig und zum Teil gefährlich bezeichnet. Gestellte oder geplante Szenen gibt es nicht. Klinger und Lytton gehen vor Ort, filmen was sie sehen und führen spontane Interviews.

Es geht in die Drogen-Szene, auf die Isle of Wight, zu den Hells Angels, in die Schwulenszene und auf die nächtlichen Straßen Londons. Die Interviews finden in den drei letztgenannten Bereichen und in der Drogen-Szene statt. Lange Passagen kommen aber völlig ohne Worte auf. Es laufen Bilder. Dazu erklingen die Songs des Soundtracks. Das gilt 100%ig für die Isle of Wight, aber auch für große Teil des Drogen-Szene-Kapitels.

Für jemanden ohne Super-Englisch-Kenntnisse dürfte das Meiste nur sehr schwer zu verstehen sein. Der Londoner Slang oft unter ungünstigen Bedingungen aufgenommen, von Menschen, die den Umgang mit dem Mikrofon nicht gewohnt sind, ist eine echte Herausforderung. Der erste Interview-Partner, den ich voll verstanden habe, war ein Holländer, der Englisch offenkundig als Fremdsprache erlernt hat.

Ähnliches gilt optisch für die vielen Nachtbilder aus London, bei denen man oft raten muss, was da zu sehen ist.

Interessant ist allerdings, was inhaltlich transportiert wird. Denn hier wird kein Loblied auf die Flower Power Zeit geworfen. Klinger und Lytton zeigen die Kehrseite der großen Freiheit. Die Gewalttätigkeit, für die die Hells Angels stehen, sehen wir kaum. Sie steckt wohl in dem, was gesagt wird. Und auch die Drogenbilder sind alles andere ein „Legalize it!“-Plädoyer. Wir sehen abgestürzte Menschen in ranzigen Zimmern, die stumpf ihre Tüten bauen, Spritzen setzen oder Stoff aufkochen. Dagegen ist Christiane F ein regelrechter Werbefilm für die Drogen-Szene.

Auch die Bilder von der Isle of Wight wirken eher abgerissen und verloren. Die Jugendlichen sitzen mehr oder weniger apathisch am Strand, der eher vermüllt wirkt oder gehen langsam durch die Szene. Lebensfreude Fehlanzeige! Und auch die nackt Herumstehenden, die häufig frontal vorne gezeigt werden, wirken so nüchtern, dass da kein Stück Erotik drin steckt.

Nur im letzten Kapitel kommt etwas Freude auf. Erst tanzt und springt die Masse im flachen Wasser, so dass man fast annimmt, dass da wohl eine Band, die man nie sieht, im Hintergrund spielt. Dann fängt die Kamera den Tanz einer nackten Frau ein, die ihre Brüste springen und die Popbacken kreisen lässt. Zuvor wurde die Wirkung derartiger Bilder durch sehr kurze Einstellungen und schnelle Schnitte in der Regel stark begrenzt.

Vier Bands liefern den Soundtrack. Arc (4 Stücke) wechseln zwischen unauffälligem Folk Prog („An Er ago“), unaufregendem Beat („I’m a perfectly happy Man“) und Nummern, die in ihren härteren Momenten an The Who erinnern.

Crucible (4 Stücke) sind am stärksten im Beat verwurzelt. Bei „Hit it“ blinzeln auch sie in Richtung Who. Aus dem Rahmen fällt „Elvish Queen“, eine märchenhafte Geschichte zur Akustikgitarre.

Mark McCain (2 Stücke) kommt mit der Akustikgitarre zwischen Songwriter und Blues.

Supertramp sind mit drei Stücken ihres Debütalbums dabei, das in Listen mal als Supertramp, mal als Surely geführt ist. Von dem, was aus Supertramp an Crime of the Century werden soll, ist hier noch nichts zu hören, auch wenn das sehr ruhige „Am I not like other Birds of Prey“ schon deutliche Neigung zum Prog zeigt. „Words unspoken“ ist dagegen noch fast pure Beatmusik, wunderbar melodisch mit toll plinkernder Gitarre.

Fazit: Das Package ist eigentlich nur dem zu empfehlen, der sich für die Doku interessiert. Und da dann – wegen der oben beschriebenen Schwächen auch nur für besondere Spezialisten.
Die Musik tut nicht weh, ist auch nicht wirklich schlecht, aber nichts was man kennen muss. Selbst Supertramp-Spezialisten sollten sich eine Anschaffung gut überlegen, da hier kein exklusives Material enthalten ist.



Norbert von Fransecky

Trackliste

1Arc - An Er ago 4:30
2Arc - Great Lager Street 3:58
3Crucible - Box Man 4:01
4Mark McCain - Black Rose 3:07
5Mark McCain - Refrigerated Warmth 2:15
6Arc - Let your Love run through 4:56
7Crucible - Hit it 3:58
8Supertramp - Surely 3:11
9Supertramp - Am I not like other Birds of Prey 5:16
10Arc - I'm a perfectly happy Man 5:58
11Supertramp - Words unspoken 4:01
12Crucible - Elvish Queen 6:25
13Crucible - We gotta watch out 3:41
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger