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The Cries of London
Info
Musikrichtung:
Ensemblemusik Renaissance / Barock
VÖ: 01.02.2005 Ambrosie / Note 1 CD DDD (2004) / Best. Nr. AMB 9965 Gesamtspielzeit: 65:17 |
SOUND DER GROSSSTADT
Wer bei The Cries of London an eine Story von Edgar Wallace oder Francis Durbridge denkt, der liegt hier falsch: Der Titel dieser Produktion wurde nicht von Mordgeschrei inspiriert, sondern vom (historischen) Londoner Großstadtlärm, der von den zahllosen fahrenden Händlern, Passanten, Marktschreiern, Handwerkern, Pferden und Fuhrwerken herrührt. Die Geräuschkulisse der englischen Metropole faszinierte schon früh Komponisten wie Richard Dering, Orlando Gibbons oder Thomas Weelkes, die aus dem natürlichen Kontrapunkt der Rufe, Stimmen und Straßengeräusche eine Art Musiktheater der Alltagsklänge destillierten.
Zwar wird hier das reale Chaos durch die musikalische Form gebändigt, doch alle haben hier ihren Auftritt: Die Frau, die ihr verlorenes Kind sucht, die Haurat - und Gemüsehändler, der eilige Bürgermann, der im Vorbeigehen einen anderen Gentleman grüßt, der Spätaufsteher, der Themsefischer … Komödie und Tragödie, Bedeutsames und Banales liegen wie im richtigen Leben nahe beieinander.
Das Wortgewirr schlägt mitunter um in regelrechte Wortkaskaden, die aus einzelnen Silben und Kauderwelsch bestehen: „Tig, tig, tig, tig, tig … Coop, coop, coop, coop … Ho mal, ho mal, ho mal, ho mal …“ Selbst fröhliches Pfeifen kann man aus der Menge vernehmen. Grundiert wird diese Vokalcollage durch einen Instrumentalsatz, der als eine Art Klangraum für die Cries fungiert: Irgendwo gehen die vielen Stimmen in ein harmonisches Hintergrundrauschen über.
Meist werden diese Partien vom typisch englischen Gambenconsort ausgeführt. In diesem Fall hört man allerdings ein veritables Bläserensemble. Die Zinkisten und Posaunisten von Les Sacqueboutiers sorgen mit einigen Gästen zusammen für ein Renaissance-Big-Band-Ambiente, das von der Klangfarbe sehr gut zu den Cries of London passt.
Leider ist es nicht gelungen, Sänger und Instrumentalisten tontechnisch ins Gleichgewicht zu bringen. Während Bläser und Continuo gut abgemischt sind, klingen die Sänger/innen trocken und eng, so als seien sie in einem anderen Raum aufgenommen worden. Sie geraten gegenüber ihren Kollegen zu sehr ins Hintertreffen, selbst in größerer Besetzung. Das ist schade, nimmt es doch der Musik einiges von ihrem Witz und Effekt.
Am Spiel der Sacqueboutiers kann es nicht liegen: Ihr Ansatz ist leicht und transparent, was man an den zahlreichen reinen Instruemtalsätzen und zwei Suiten von Thomas Simpson und Matthiew Locke sehen kann, die das Programm großzügig auflockern und bereichern. Zusammen mit der Continuo-Gruppe und diversem Schlagzeug produziert das Ensemble so viel Jazz-Swing, dass sich das Hörvergnügen vor allem an diesen Stücken entzündet.
Georg Henkel
Trackliste
1 | Anthony Holborne: Muy linda | 1:18 |
2 | Richard Dering: The Country Cries | 5:09 |
3 | John Adson: Air 1 | 1:47 |
4 | Holborne: The fruit of Love | 1:23 |
5 | Holborne: Wanton | 0:55 |
6 | Orlando Gibbons: The Cries of London | 3:32 |
7 | Gibbons: Funerals | 2:20 |
8 | Gibbons: The Choice | 1:13 |
9 | Gibbons: Galliard | 1:17 |
10 | John Adson. Air VIII | 1:17 |
11 | Anonyme: The Cry of London | 3:20 |
12 | Holborne: Sedet Sola | 2:20 |
13 | Hoborne: The Fairie Round | 1:20 |
14 | Thomas Weelkes: The Cries of London | 5:51 |
15 | Thomas Simpson: Pavan | 2:08 |
16 | Simpson: Galliard | 1:14 |
17 | Simpson: Courante | 1:18 |
18 | Simpson: Volta | 1:14 |
19 | John Ward: „Cor mio“ | 4:41 |
20 | William Daman: Fantasie a 6 soprani | 2:04 |
21 | Alfonso Ferrabosco: Fantasie a 6 bassi | 2:42 |
22 | Richard Dering: „If sorrow might“ | 3:36 |
23 | Matthiew Locke: Allemande | 3:26 |
24 | Locke: Courante | 1:04 |
25 | Locke: Allemande | 2:03 |
26 | Locke: Sarabande | 1:35 |
27 | Locke: Allemande | 1:32 |
28 | Locke: Courante | 1:14 |
29 | Locke: Allemande | 2:24 |
Besetzung
Marc Pontus (Altus)
John Elwes, Joseph Cornwell (Tenor)
Allan Morram (Bass)
Les Sacqueboutiers & Gäste
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |