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Drei Sonaten für Viola da Gamba und obligates Cembalo BWV 1027-29
Info
Musikrichtung:
Cembalo & Gambe
VÖ: 17.11.2004 AnLeuT / JPC CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. A033 Gesamtspielzeit: 40:00 |
DEN KREIS DER MÖGLICHKEITEN AUSSCHREITEN
Der Gambist und Ensembleleiter Lorenz Duftschmid hat seine eigene CD-Edition gegründet. Zu den ersten, exklusiv bei JPC vertriebenen Aufnahmen zählen die drei Sonaten für Gambe & Cembalo von Johann Sebastian Bach. Anders als bei seinen Violinsonaten und Klavierwerken sind sie nicht als Zyklus überliefert. Zudem ist dieses Oeuvre eher schmal geraten. Gerade einmal 40 Minuten benötigen Duftschmid und sein Kollege Andrea Marcon für die elf Sätze. Außerdem zeigt sich Bach an den spezifischen Klangmöglichkeiten der Gambe (z. B. dem akkordischen Spiel) wenig interessiert, was auch an dem eher kräftigen Ton deutscher Instrumente liegen mag (Duftschmid spielt ein Original des großen Tiroler Meisters Jacobus Stainer aus dem 17. Jahrhundert). Womit über die Qualität dieser kontrastreichen und dankbaren Stücke noch nichts gesagt ist.
Die G-Dur-Sonate BWV 1027 geht auf eine Komposition für zwei Traversflöten und Basso continuo zurück; hier wie in BWV 1028 ist es vor allem der langsame Satz, der einen sofort in den Bann schlägt: Beim Andante aus 1027 fesseln die immer gewagteren Akkord-Fortschreitungen, im Gegenstück von BWV 1028 ist der an Bachs Passionsmusiken gemahnende Trauergestus der Musik von überwältigender Intensität - ein Affekt, der im deutlichen Kontrast zum eher spielerischen und fröhlichen Charakter der übrigen drei Sätze dieser Sonate steht. BWV 1029 dagegen wirkt mit seinen konzertanten Abschnitten wie ein miniaturisierter Ableger der Brandenburgischen Konzerte.
Zyklus hin oder her - bei diesen drei Werken scheint schließlich doch nichts zu fehlen. Am Ende ist vom Komponisten wieder ein großer Kreis an Möglichkeiten ausgeschritten worden.
Dies tun auch die Interpreten dieser Aufnahme. Dank ausgezeichneter Produktionsbedingungen - und dazu gehört auch genügend Zeit, um Dinge auszuprobieren und zu verfeinern - ist Duftschmid und Marcon eine sehr ausgewogene, bis ins Detail durchdachte Einspielung gelungen, die Spielfreude und Strukturbewusstsein optimal verbindet. Bestechend ist das vollkommene Gleichgewicht, das zwischen den beiden Musikern herrscht. Nur so kommen Bachs Intentionen (z. B. im elektrisierenden Finale von BWV 1028) wirklich zur Geltung. In keinem Moment ist Duftschmid versucht, den prägnanten Ansatz mit Gamben-Klangreizen zu überspielen. Dennoch kommt der reiche, würzige Klang seines Instruments gut zur Geltung. Wegen der vollen, angenehm räumlichen Akustik in der Winterkirche des venezianischen Klosters San Giorgio meint man, den beiden Interpreten beim Spielen über die Schulter zu schauen.
Unbedingte Empfehlung.
Georg Henkel
Trackliste
1 | 01-04 Sonate BWV 1027 |
2 | 05-08 Sonate BWV 1028 |
3 | 09-11 Sonate BWV 1029 |
Besetzung
Andrea Marcon, Cembalo (William Horne 1997, nach Mietke)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |