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Britten, B. - Debussy, C. - Ravel, M. u. a. (Karg, Chr. - Afkham, D.)

Parfum

Info Musikrichtung: Impressionismus Lied Orchester VÖ: 07.04.2017 (Berlin Classics / Edel / CD / 2016 / Best. Nr. 0300832BC) Gesamtspielzeit: 74:31

Mit einer exquisiten Auswahl französischer Lieder für Sopran und Orchester hat die Sängerin Christiane Karg ein Album komponiert, das geeignet ist, den Hörer ohne weiteres über mehr als 70 Minuten durch seine Fülle reinsten Wohklangs zu betören.
Der Titel ist Programm: Parfum. Jedes der 15 impressionistischen Stücke verströmt einen ganz eigenen Duft, wobei die Stimme der Sängerin, um im Bild der des Albumtitels zu bleiben, sozusagen die Herznote beisteuert, während das Orchester für die die Basis- und Kopfnoten zuständig ist: Es umhüllt, umspielt und trägt Kargs substanz- und farbreichen Sopran auf kongeniale Weise, wohl auch, weil die Bamberger Symphoniker von Kargs Lebensgefährtem David Afkham geleitet werden und die Tontechnik für alle Beteiligten einen ebenso transparenten wie resonanzreichen Klangraum geschaffen hat. Hörbar ist dies ein Album aus einem Guß, das von einer gemeinsamen künstlerischen Idee getragen und davon bis ins kleinste, sorgfältig ausgestaltete Detail bestimmt wird.
Und wie es bei verschiedenen Parfums so ist: Zu viele unterschiedliche Düfte heben sich gegenseitig auf. Kargs und Afkhams subtile Nuancierungskunst entfalten sich am besten, wenn man das Programm in angemessener Dosierung hört.

Christiane Karg hat sich über die von ihr geliebte französische Dichtkunst ihrem Thema angenähert, hat nach Texten von Baudelaire, Verlaine und anderen gesucht und sich mit den verschiedenen Vertonungen durch Komponisten wie Debussy, Ravel befasst und am Ende die vorliegende Auswahl zusammengestellt. Neben den bekannten Namen gibt es aber auch Entdeckungen wie eine Mélodie aus der Feder von Charles Koechlin oder vier Chancons Française des gerade vierzehnjährigen Benjamin Britten, der hier ganz Stil Debussys komponiert, ohne freilich seine heranreifende Komponistenpersönlichkeit gänzlich zu verleugnen.
Die vier Baudelaire-Vertonungen Debussys hat dieser ursprünglich für Singstimme und Klavier gesetzt, sie erklingen hier in der Orchestrierung des amerikanischen Komponisten John Adams, der die Tristan-und-Isolde-Anklänge und andere Wagnerismen in den Liedern diskret betont.

Mehrheitlich bestimmt ein flutender elegischer, lyrischer Ton das Album: Die Stimme schwebt gleichsam im ebenfalls pulsierenden, wogenden, funkelnden Orchestersatz und nur gelegentlich gibt es schnellere Passagen wie in Ravels Shéhérezade-Liedern nach Tristian Klingsor, in denen sich Stimme und Instrumente zu dramatischen Höhepunkten aufschwingen.
Christiane Karg setzt die reichen Möglichkeiten ihrer technisch souveränen Stimme ein, um die herrlichen melodischen Linien zu kolorieren; ihr makelloses Französisch sorgt für eine gute Verständlichkeit der dichterischen Vorlagen (auch wenn die Musik letztlich so suggestiv und sinnlich ist, dass man dem Wort nicht mehr so viel Aufmerksamkeit schenkt).
Ein gewisser Fin-de-Siècle-Ästhetizismus und eine gewisse Künstlichkeit dieser sehr verfeinerten Musik wird durch die Intensität der Darbietung, eine aus tiefer Verbundenheit mit dem Repertoire erwachsene Expressivität der Sängerin, sinnig ausbalanciert: Bei diesen Parfüms gibt es keine synthetischen Bemischungen.

Georg Henkel