Reviews

Günter Baby Sommer

Le Piccolo Cose, Live At Theater Gütersloh

Info Musikrichtung: Avantgarde Jazz VÖ: 13.01.2017 (Intuition) Gesamtspielzeit: 62:35 Internet: http://www.babysommer.com/ http://www.in-akustik.de/ https://de.schott-music.com/intuition https://www.jazzthing.de/

Günter Baby Sommer ist einer der wichtigsten Persönlichkeiten des europäischen Jazz‘. Nun, da passt es, dass auch er in der Serie der „“European Jazz Legends“ präsentiert wird. In dieser Serie von Aufnahmen aus dem Theater Gütersloh ist es nun die neunte Veröffentlichung. Dieses Konzert datiert vom 31.Oktober 2016.

Der in Dresden 1943 geborene Schlagzeuger war maßgeblich beteiligt an führenden Jazzformationen der ehemaligen DDR – das Ernst-Ludwig-Petrowsky-Trio, das Zentralquartett und die Ulrich Gumpert Workshopband.

Wir nennen uns 'Günter Baby Sommer‘s Quarteto Trionfale, so soll der Schlagzeuger vor dem Konzert betont haben. Sein Zuname „Baby“ führt auf den einstigen Schlagzeuger von Louis Armstrong zurück – Baby Dodds. Doch die Musik, die Sommer bisher vorstellte, hat stilistisch nicht ansatzweise mit den alten Jazzklängen zu tun. Viele bringen ihn auch ausschließlich mit Free Jazz in Verbindung, was sich anhand dieser aktuellen Liveaufnahmen jedoch nicht hinterlegen lässt. Dennoch ist diese Musik sehr speziell, bereits der zweite Song führt uns offensichtlich ganz weit zu den Wurzeln des Jazz zurück, mit diesem afrikanisch betonten Rhythmus. Und nach etwa 3 Minuten geht das Stück gar in leicht lockeren Rock-betonten Rhythmus über.

Herrlich, wie sich dennoch ständige Abwechslung und Bewegung abspielt. Sommer erscheint wie ein kreativer unruhiger Geist, der seine Musiker immer herausfordert, und so halten Schoof und Trovesi auch ein interessantes Zwiegespräch.
Der Schlagzeuger ist ständig in Bewegung, über die normalen Rhythmen hinaus, er treibt und fordert, entwickelt spontane Muster und gibt der Musik eine ganz eigene Note, mal wirkt er ganz diszipliniert, dann wiederum scheint er mit spontaner Intuition diese Disziplin aufzubrechen. Das „sture“ Spiel von Rhythmen scheint ihm nicht zu liegen. Insofern ist das Gesamtergebnis wesentlich sein Verdienst. Doch hätte er die hervorragenden Mitspieler nicht zur Seite, wäre diese Musik als Ganzes auch nicht so entstanden. Alles fließt innerhalb dieses Quartetts ganz wunderbar und funktioniert wie ein vegetatives Nervensystem. Ob nun energisch oder ganz ruhig und dramatisch-pastoral wie bei “Mellow Mood“, dieser Jazz bleibt etwas Besonderes, solange er in Händen solcher Könner bleibt.
Wie üblich gibt es zum Schluss auch hier ein Interview von Götz Bühler mit dem Künstler.

Wolfgang Giese