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Die Kluge
Info
Musikrichtung:
Klassischd Moderne Oper
VÖ: 13.05.2016 (Berlin Classics / Edel / CD DDD / 1976-1980 / Best. Nr. 0300748BC) Gesamtspielzeit: 83:27 |
AUDIOPHILER ORFF
Mit der 1943 uraufgeführten Oper Die Kluge hat Carl Orff eine seiner erfolgreichsten Werke komponiert. Der archetypische Stoff findet sich in den Märchen nahezu aller Kulturen: die kluge Frau, die durch ihre Weisheit und Klarheit über jene Verlogenheit, Dummheit, Durchtriebenheit und Willkür triumphiert, der sich die einfachen Leute wie die Herrschenden gleichermaßen ergeben haben. Orff hat dafür die Elemente, die bereits seine Carmina Burana so unverwechselbar machen, auf ein selbstverfasstes deutschsprachiges Libretto übertragen, das zwischen Komödie und Tragödie hin- und herpendelt. Dabei nehmen gesprochen Teile in etwa den gleichen Umfang ein wie die gesungenen - erkennbar wird die immer stärkere Tendenz, das deklamierte Wort zu einem vollgültigen Ausdrucksträger zu machen, die Musik hingegen weiter zu reduzieren und elementarisieren. Aber noch setzt Orff ein großes Orchester mit umfangreichen Schlagwerk ein.
Von 1976-80 entstand die vorliegende Einspielung des Werkes mit dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig unter Herbert Kegel - nicht nur eine der besten Versionen dieser Oper auf Platte, sondern eine beliebte Demoaufnahme, um die Hifi-Qualitäten des heimischen Equipments zu testen. Die ausgezeichnete räumliche Staffelung zwischen Solisten, Ensembles und Orchester, der resonanzreiche Klang und nicht zuletzt die voll ausgereizte Dynamik sind dafür wie geschaffen.
Natürlich ist das noch kein Argument für das Stück als solches. Orff bringt hier verschiedene Stilebenen in stilisierter Form zusammen: Die "große Oper", den "Volksschwank", ja sogar operettenhafte Momente gibt es. Subtiles, wie die geradezu magisch entrückte Tafel- und Schlummergesang-Szene der Klugen treffen auf Volkstümlich-Derbes wie die Rüpel- und Saufszenen.
Orff gibt allen Szenen die Musik, die sie benötigen. Freilich hat Humor eine etwas kürzere Halbwertszeit als die Tragik und so lauscht man den komödiantischen Momenten heute doch eher distanziert. Es ist insgesamt ein Werk, das zwischen den Epochen und Stilen changiert, in dem sich bezwingende archetypische Klangeinfälle mit verbrauchten, plakativen Gesten mischen, die freilich den untschiedlichen Stilsphären des Stücks geschuldet sind.
Die vorzüglichen Interpreten, allen voran die sinnlich-kühle Magdalena Falewicz in der Rolle der Klugen, sind dabei in jedem Moment mit großer Kompetenz und unbedingter Spielfreude bei der Sache. Die Dialoge werden mit der gleichen Hingabe und Bühnenwirksamkeit auf die akustische Bühne gebracht wie die vokale und orchestrale Seite. Herbert Kegel erweist sich erneut als eindrucksvoll orffaffinier Dirigent, der die sublimen wie die süffigen Momente der Partitur mit der unverzichtbaren Präzision und Emphase ausspielen lässt. Für Audiophile und Orff-Fans eine gleichermaßen unverzichtbare Produktion, die von Berlin Classics in sorgfältiger und stilvoller Aufmachung als Doppelabum auf CD und Vinyl veröffentlicht wird. Ein neues, elegantes Logo und der Hinweis "Established 1947" demonstrieren das gewachsene Qualitäts- und Selbstbewusstsein dieses aus dem einstigen VEB "Eterna" hervorgegangenen Labels.
Georg Henkel
Besetzung
Eberhard Büchner: Mann mit dem Esel
Siegfried Lorenz: Mann mit dem Maulesel
Karl-Heinz Stryczek: König
Reiner Süß: Bauer
u. a.
Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig
Herbert Kegel: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |