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Windsbacher Knabenchor

Klangwelten

Info Musikrichtung: Chormusik VÖ: 01.11.2004 Rondeau Production / Note 1 (CD, DDD (AD: 2004) / Best.Nr. ROP 2031) Gesamtspielzeit: 61:29 Internet: Windsbacher Knabenchor bach, blech & blues Rondeau

Ein mutiges Programm ist es, das der Windsbacher Knabenchor anläßlich seiner Konzerttournee im Juli 2004 diesmal auf CD vorgelegt hat. Werke des 16. und 17. Jahrhunderts, teils in der Begleitung für Blechbläser neu arrangiert oder insgesamt bearbeitet, werden Musik aus unserer Zeit gegenüber gestellt. Dabei prallen die musikalischen Welten keineswegs so unvereinbar aufeinander, wie man meinen könnte. Das wiederum ist allerdings auch eine Folge jener Bearbeitungen - der Eintracht der Jahrhunderte wurde also ein bißchen nachgeholfen.
Diese Nachhilfe ist nicht allen Stücken gleich gut bekommen. So torpedieren die Blechbläser bei den für Chor, Blechbläser und Basso continuo neu instrumentierten Sätzen aus Monteverdis "Marienvesper" die Transparenz und Homogenität des Chores doch gewaltig, drohen ihn allzu häufig zu überlagern. Gleiches gilt für die Schütz-Motette "Herr, unser Herrscher".
Man sehe mir die konservative Meinung nach: Am besten gefällt der Chor mit seiner Kraft und Intonationssicherheit doch immer noch in der Motette "Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn" aus Heinrich Schütz´ Psalmen Davids oder bei Gabrielis überirdischem Benedictus. Allerdings versteht er seine Souveränität und Erfahrung auch bei moderner Chorliteratur voll auszuspielen, so etwa bei Miskinis´(* 1954) inzwischen recht beliebtem "Cantate Domino" mit seinem rhytmisch-mitreißendem Beginn und seinem nachdenklichen Mittelteil.
Ein sehr schönes Beispiel dafür, dass die geistliche Musik unserer Zeit an Originalität und Eindringlichkeit den Werken der alten Meister in nichts nachstehen muß, bietet das Stück "Demütig bitten" des 1968 geborenen John Hollenbeck. Mit tonartlichen Verfremdungseffekten, dem scheinbaren Rückgriff auf Choraltraditionen, dem vielgestaltigen Einsatz der Bläser und einem sich meditativ einschwingenden Chorsatz gelingt es hier, den Menschen zeitlos als Bittsteller und Frager vor Gott zu zeichnen.

Geschmäcklerisch erscheinen hingegen die Bearbeitungen des "Nymphes, nappés" von Josquin des Préz, sowie der beiden Bach-Werke. Der Chanson von Josquin des Préz wird in einer Bearbeitung allein für Blechbläser und Baritonsaxophon vorgestellt, die der Leiter des (übrigens technisch brillanten) Ensembles bach, blech & blues ersonnen hat. Hier stand Jan Garbarek dann doch etwas zu deutlich Pate und die Dominanz des irrlichternden Saxophons will sich dem eigentlichen Charakter des Stücks einfach nicht anpassen.
Die von J.S. Bach komponierte Choralbearbeitung "Vor deinen Thron tret ich hiermit" hat Weser gleichfalls neu arrangiert und zwar für 12 Blechbläser und Chor - letzterem kommt die Rolle zu, den ursprünglichen Choral summend zu intonieren. Ein arg didaktisches Unterfangen.
Und auch der "Contrapunctus Nr. XIX" aus Bachs Kunst der Fuge überzeugt in der hier gebotenen Blechbläserfassung nicht unbedingt.

Von diesen Stilfragen abgesehen entfaltet die Mischung der Stücke, das Spiel mit den Verbindungen zwischen den Epochen und das auch tontechnisch geschickt eingefangene Experimentieren mit den räumlichen Wirkungen der Mehrstimmigkeit durchaus seinen Reiz.
Musikalisch sind sämtliche Mitwirkenden ohnedies über jeden Zweifel erhaben.

Sven Kerkhoff