Reviews
Godchild
Info
Musikrichtung:
Bigband Jazz
VÖ: 12/2015 (Unit Records) Gesamtspielzeit: 52:32 Internet: http://www.fettehupe.de/ http://www.uk-musikpromotion.de/profil.html |
Die Bigband Fette Hupe wurde 2009 in Hannover gegründet. Geleitet wird sie von dem 1981 geborenen Jörn Marcussen-Wulff, der tätig ist als Komponist, Arrangeur, Posaunist und Dirigent.
Bob Mintzer, der amerikanische Saxofonist, gibt zur Band wie folgt seinen Kommentar ab:
“Jörn Marcussen-Wulff is a talented composer/orchestrator who is finding his own voice in the world of large ensemble music. His tunes are full of surprises and interesting colors, with lots of room for improvisation and interplay.”
Und da gebe ich ihm recht, denn es ist der Band gelungen, ein ganz eigenes Profil zu kreieren, der typische Sound einer Bigband paart sich mitunter mit kraftvollen Rockrhythmen, und dazu stößt der freie Geist der Jazzimprovisation. Ja, um experimentelle Elemente ist die Musik nicht verlegen.
“Busy Times“, nach einer kurzen Einleitung hebt sich ein freischwebendes Saxofon heraus, auf sich allein gestellt, ja, das ist Paul Engelmann, der hier etwa ab 1:30 seine persönliche Show abliefert, dabei eine kleine Tür zum freien Jazz aufstößt, eine spannende Unterbrechung, die gern noch etwas länger hätte dauern können. Wenn dann der Gitarrist Spencker auftritt, wandelt sich das Stück in einen Rocksong, und zusammen mit den Bläsersätzen erreichen wir das Gefilde des Brass Rocks.
Dagegen ist “Godchild“ ruhig dahinfließend, und mit sattem Bläsersatz als Begleitung solieren hier Posaune und Piano, wie ich las, soll es sich bei dem Stück um ein Requiem für das verstorbene Patenkind des Komponisten handeln, so gewinnt es durch diese Tragik ein sehr hohes Maß an Emotionalität, das ist sehr berührend und bewegend.
”LAX (From History Of Distance)” trägt den Groove der Sechziger, des Soul Jazz, in sich, ein vorzügliches Arrangement bereitet hohen Hörgenuss.
“Turtle Race“ - nun gehen die Schildkröten ins „Rennen“, ja, es schleicht förmlich los und bleibt auch sehr langsam, Spencker an der Gitarre ist sofort maßgeblich beteiligt, und er klingt so, wie der norwegische Kollege Terje Rypdal einst in den achtziger Jahren etwa seine Gitarre spielte.
Mit “Pride And Fear“ stoßen wir nun auf ein Hauch von Fusion der Siebziger, der Geschmack von CTI Records (der Musik auf dem Label von Creed Taylor, jener Tage) liegt mir bald, nach der Einleitung, auf der Zunge, und das recht bekömmlich, obwohl die Suppe etwas schärfer und nicht ganz so glattgerührt präsentiert wird.
Beim letzten Song sollte man angesichts des Songtitels erwarten, dass es nun zur Ruhe geht, doch wird diese Annahme durch ein wild angeordnetes Arrangement, in dem sich die Instrumente miteinander verweben, verworfen. Dabei beginnt es ganz ruhig, Lounge-Freunde dürften frohlocken, doch schon dann wirbelt es fein durcheinander, der Komponist Tom Waits könnte an diesem Schlaflied seine Freude haben, und im Geiste höre ich ihn auch singen, das hätte gut gepasst!
Und so blicke ich zurück auf eine Platte mit sehr kreativer und hochinteressanter Musik, die abseits bekannter Pfade einen neuen Weg sucht, der wohl leider im Gesamtkontext gesehen, ein sehr kleiner Weg bleiben wird, denn so mancher Purist dürfte sich nicht damit anfreunden können.
Mir gefällt es sehr gut, hat man doch endlich einmal versucht, die Bigband-Landschaft aufzumischen mit neuen Ideen, und ich rufe ganz laut BRAVO!
Trackliste
2 Godchild (9:33)
3 LAX (From History Of Distance) (8:20)
4 Turtle Race (From History Of Distance) (10:29)
5 Pride And Fear (9:15)
6 Lullaby (3:56)
(all composed by Jörn Marcussen-Wulff, except #6 by Tom Waits)
Besetzung
Paul Engelmann (soprano sax, alto sax)
Lars Stoermer (tenor sax, bass-clarinet)
Jorge “Coco” Guerra (tenor sax, clarinet)
Felix Petry (bariton sax, bass-clarinet, flute)
Benny Brown (trumpet, flugelhorn)
Philipp Kacza (trumpet, flugelhorn)
Gary Winters (trumpet, flugelhorn)
Daniel Zeinoun (trumpet, flugelhorn)
Axel Beineke (trumpet, flugelhorn)
Uwe Granitza (trombone)
Hans Wendt (trombone)
Felix Eilers (trombone)
Robert Hedemann (bass trombone)
Klaus Spencker (guitar)
Eike Wulfmeier (piano)
Michael Gudenkauf (bass)
Timo Warnecke (drums)
Jörn Marcussen-Wulff (conducting/musical director)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |