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Orff, C. (Rattle)

Carmina Burana

Info Musikrichtung: Kantate VÖ: 07.01.2005 EMI Classics / EMI CD DDD (AD live 2004) / Best. Nr. 7243 5 57888 2 5

An Carl Orffs Mittelalterrevue Carmina Burana scheiden sich die Geister: Originelle Absage an eine schwülstige Spätromantik oder faschistoider Trash? Primitive Rumpel-Rhythmen oder visionärer Ausblick auf die minimalistische Avantgarde? Der ungebrochenen Popularität des Werks haben derartige Diskussionen nichts anhaben können. Die Musik hat ihre durchschlagskräftigen und überwältigenden Momente im Lauten und Derben wie im Leisen und Zarten.
Beim Berliner Silversterkonzert 2004 zeigte Simon Rattle, wie man der Musik gerecht wird: durch ein weitgestaffeltes Klangbild, das - bei einer recht trockenen Akustik - selbst in den knalligen Forteschlägen noch transparent und damit differenziert bleibt. Solisten, Chöre und Orchester bestechen insgesamt durch eine breite Ausdrucks- und Farbpalette, die mit Orffs Rückkehr an die historischen, sprachgezeugten Wurzeln des Musiktheaters Ernst macht. Vor allem der Bariton Christian Gerhaher ist hier in seinem Element. Ob es nun die Liebesklagen oder Trinklieder sind: Durch seine flexible Rhetorik spielt er seine Figuren mitreißend aus, ohne dafür auf grobe Effekte zurückgreifen zu müssen (besonders die Tavernenszene lädt ja dazu ein). Dadurch betont er den artifiziellen Charakter von Orffs Konzept, das längst nicht so naiv volkstümelnd ist, wie man das Werk dann leider oft dargeboten bekommt. Nicht ganz so überzeugend ist Sally Matthews. Mit ihrem chraraktervollen lyrischen Sopran setzt sie der Musik zwar strahlende Glanzlichter auf, bleibt durch den vollen, opernhaften Ton aber im Ganzen zu pauschal.
Bleibt nur zu hoffen, dass Rattle auch bei zukünftigen Jahresend-Spektakeln zugunsten von vollständigen Werken auf die sonst üblichen nichtssagenden Zusammenstellungen verzichtet.

Georg Henkel