Reviews

Scorpions

Taken by Force (50th Anniversary Deluxe Edition)

Info Musikrichtung: Hard Rock VÖ: 06.11.2015 (1977) (BMG) Gesamtspielzeit: 64:26 Internet: http://www.the-scorpions.com

Ich gebe zu: Etliche der späteren Alben der Scorpions sind so gut, dass ich, wenn ich sie höre, vergesse, dass die frühen Jahre mit Uli Jon Roth die eindeutig besten Jahre der Hannoveraner waren.

Ich gebe zu, die anderen Alben der Uli Jon Roth Phase, sind so gut, dass ich, wenn ich sie höre, vergesse, dass kein Album aus dieser Zeit so stark ist, wie Taken by Force.

Mit anderen Worten: Das hier besprochene 20-Punkte-Album ist das am meisten 20ste aller 20-Punkte Alben der Scorpions. Wie viele das sind, darüber wollen wir hier nicht streiten. Ich komme auf (mindestens) fünf; Live-Alben nicht gezählt. (Mit anderen Worten: Norbert ist bereit mindestens ein Nicht-Uli-Jon-Roth-Album in den hehren Kreis der 20-Punkte-Album aufzunehmen. Welches das wohl sein mag?; Red.)

Taken by Force ist ein Album mit ausgeprägt melodischen Parts. Und es ist auch – wenn man das Debüt Lonesome Crow einmal ausklammert, das aus mehreren Gründen einen Sonderstatus hat – das progressivste und am wenigsten harte Album der Band. Das steht in einem gewissen Kontrast zu dem „harten“ Titel der Scheibe und dem ursprünglich geplanten Cover, das diesen Re-Release ziert, 1977 aber fast weltweit zurückgezogen wurde, da man sich bereits mit vorhergehenden Artworks (insbesondere dem zu Virgin Killer) massiven Ärger eingehandelt hatte.

Mit „Steamrock Fever“ und „He's a Woman - she's a Man” enthält das Album dennoch zwei der stärksten Hard Rock Hämmer der Bandgeschichte. Prägender für das Album in seiner Gesamtheit sind aber Stücke, wie z.B. „The Riot of our Time“. Auch hier gibt es fantastische, harte Rock Parts, aber sie sind eingebunden in einen von diversen Breaks geprägten Songs, der dem harten Rock, Momente von Stadionhymnen, akustische Gitarren und einen sehr emotionalen Gesang zur Seite stellt. Eine absolute Gänsehautnummer!
Ähnliches gilt für „We’ll burn the Sky“, „Born to touch your Feelings” und „The Sails of Charon”, dem in dieser Edition ein eher überflüssiges “Geisterbahn-Intro” voran gestellt wurde.

Dem Re-Release, der anlässlich des 50. Jubiläums der Bandgründung im Jahre 1965 veröffentlicht wurde, wurden sechs Bonus-Tracks beigeben. Darunter eine Studio-Version des bereits 1978 auf der Live-LP Tokyo Tapes enthaltenem „Suspender Love“, eine Art unplugged Version von „Born to touch your Feelings”, einige Demos mit Fake Vocals und das Instrumental „Blue Dream“, das man sich auch gut auf einer Uli Jon Roth Solo-Scheibe vorstellen kann.

Insgesamt geben sich die Scorpions mit diesen Bonus-Stücken deutlich bluesiger, als mit ihren tatsächlich veröffentlichtem Material. Zusammen mit dem Original-Artwork und dem ausführlichen Booklet bietet die Edition daher genug Gründe zuzugreifen – auch für Fans, die das Album bereits in der Originalversion im Schrank stehen haben.

Norbert von Fransecky