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Kammermusk der 2. Wiener Schule für Streicher
Info
Musikrichtung:
Klassische Moderne Kammermusik
VÖ: 02.10.2015 (Alpha / CD / DDD / 2014-2015 / Best. Nr. Alpha 209) Gesamtspielzeit: 80:32 |
ATEMBERAUBENDE DIFFERENZIERUNGSKUNST
Mit einer artikulatorischen, klangfarblichen und dynamischen Differenzierungskunst sondergleichen widmet sich das famose Belcea Quartet einigen kammermusikalischen Schlüsselwerken der 2. Wiener Schule. In unmittelbarer Nachbarschaft erklingen die unendlichen Modulationen der Spätromantik, Arnold Schönbergs Sextett Verklärte Nacht und Anton Weberns langsamer Quartettsatz, sowie freiatonale und zwölftönig strukturierte Musik, nämlich die Fünf Sätze von Webern sowie die Lyrische Suite von Alban Berg.
Die Grenzen zwischen "hochchromatisch" und "totaler Chromatik" erscheinen ganz ungezwungen und fließend, die Entwicklung vom einen zum anderen ganz "natürlich". Obschon diese Musik an der Oberfläche sehr verschieden geformt ist, wirkt sie in ihrem starken, teilweise hochverdichteten Ausdruckswillen - siehe Anton Webern - doch ganz unmittelbar auf das Ohr des Hörers, d. h. sie berührt ihn emotional und befeuert ihn geistig. Noch in Weberns Quartett-Miniaturen hört man im Grunde eine aufs äußerste konzentrierte, von allem Ballast und Pathos befreite Romatnik, die in ihrer Phantastik und ihren Extremen bis an die Ursprünge romantischer Musikkunst zurückführt.
Dass diese Bezüge so deutlich werden, liegt nicht zuletzt an der Fähigkeit des Ensembles, die Architektur der Musik einerseits genauestens zu analysieren, andererseits jeden Ton, jeden Klangmoment mit unbedingter, sinnlicher Kraft aufzuladen, so dass alles von vibrierender Lebendigkeit erfüllt ist.
So gelingt, was selten ist, die Quadratur des Kreises: Der Ton ist bei aller Präsizsion leutend, fein, sanglich, selbst dann, wenn heftigste Bewegung und Attacke gefordert ist: ein sozusagen "lyrischer Extremismus", von dem nicht zuletzt Alban Bergs Musik profitiert. Aber auch Schönbergs potentiell zum Verfließen neigenden Texturen in Verklärte Nacht werden vom Belcea Sextett zu einem geheimnisvoll schillernden nocturnen Klangteppich verwoben; jeder einzelne Musiker ist als Solist und Mitglied des Kollektivs gleicheramßen präsent (das gilt auch für die beiden zusätzlichen Kräfte Nicolas Bone und Antônio Meneses an der 2. Viola bzw. dem 2. Cello).
Die Akustik ist warm, bis in die dynamischen Spitzen hinein präsent und bestens ausgesteuert.
Eine Referenzaufnahme für dieses Repertoire!
Georg Henkel
Trackliste
02-06 Webern: Fünf Sätze f. Streichquartett
07-12: Berg: Lyrische Suite
13-17 Schönberg: Verklärte Nacht
Besetzung
Corina Belcea & Axel Schacher (Violine)
Krzysztof Chorzelski (Viola)
Antonie Lederlin (Cello)
mit
Nicolas Bone (Viola)
Antônio Meneses (Cello)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |