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Vesper op. 5
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 02.10.2015 (Pan Classics / Note 1 / CD / 2014 / Best. Nr. PC 10349) Gesamtspielzeit: 52:49 Internet: Ars Antiqua Austria |
VERGLEICHSWEISE GEWAGT
Trotz alle Zweifel, die laut wurden, nachdem Gunar Letzbor im Zuge einer ersten Einspielung den österreichischen Komponisten Benedikt Anton Aufschnaiter (1665-1742) als den ´katholischen Bach´ apostrophiert hatte, bleibt der Ensembleleiter dabei: Aufschnaiter sei das konfessionelle Gegenstück zum Leipziger Thomaskantor, weil er wie dieser in der Polyphonie höchste Meisterschaft erreicht und sie um die Modulation in entfernte Tonarten avantgardistisch angereichert habe.
Nun sind dererlei Vergleich immer heikel. Am ehesten wird man zugestehen können, dass in Aufschnaiters Werken die Mittel des Barock tatsächlich in Vollendung kulminieren. Auch ist die Musik des Österreichers von hoher Komplexität, aber dennoch eingängig. Was ihm allerdings fehlt, ist jene sehr persönliche Handschrift, jene individuelle Tonsprache, die Bachs Werke so unverwechselbar macht. Aufschnaiter bewegt sich wesentlich deutlicher als der protestantische Bach in einer ungebrochenen Traditionslinie und im oberösterreichischen Lokalkolorit. Er ist kein Neuerer und integriert musikalische Einflüsse von jenseits des deutschen Sprachraumes wesentlich weniger markant. Auch um die Textausdeutung oder den großen Bogen ist es ihm nicht gleichermaßen zu tun. Ungeachtet dessen ist seine Musik, wie die neue CD zeigt, unbedingt der Beachtung und künstlerischen Auseinandersetzung wert.
Diese wiederum leistet Letzbor mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria und den St. Florianer Sängerknaben in mustergültiger Weise. Hier bekommt die Musik die richtige Mischung aus Glanz und Kraft. Für letztere sorgt vor allem der Chor, der sich bei aller Kompaktheit und Homogenität eine Spur jener Roheit bewahrt hat, die den um Perfektion ringenden protestantischen bzw. anglikanischen Knabenchören bisweilen abgeht und die mit Letzbors musikantischem Zugriff ideal harmoniert. Heraus kommt auf diese Weise kein ätherischer Vespergesang, sondern eine handfeste Feier zu Ehren Gottes, bei der Passagen wie etwa das "Conquassabit capita in terra multorum" aus dem Psalm "Dixit Dominus" einen ebenso dramatischen wie heiligen Ernst verströmen und das "Magnificat" zum prachtvollen, durchaus vertrackt-avantgardistischen Höhepunkt avanciert. Die meist recht kurzen kurzen Solo-Partien werden sowohl von den Knaben- als auch von den Männerstimmen souverän bewältigt. Die eingestreuten Orgelwerke des Aufschnaiter Zeitgenossen Franz Anton Hugl (1706-1745) ergänzen die Vesperpsalmen adäquat.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Franz Anton Hugl: Orgelwerke (aus: Hartmanns Orgelbuch, Passau 1733)
Besetzung
Ars Antiqua Austria
Gunar Letzbor: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |