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Vivaldi II
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 11.10.2004 EMI Classics / EMI (CD, DDD (AD: 2004) / Best.Nr. 7243 5 57859 2 3) Gesamtspielzeit: 69:08 Internet: Nigel Kennedy EMI Classics |
SPEED METAL - KENNEDY PEITSCHT VIVALDI VORWÄRTS
Eine CD von Nigel Kennedy zu besprechen, ist eine undankbare Aufgabe. Denn was es auf der einen Seite zu kritisieren, auf der anderen aber zu bewundern gibt, ist schon vielfach analysiert worden und bleibt auch bei der neuesten Produktion unverändert. Nach dem Erfolg seiner Interpretationen von Vivaldis "Vier Jahreszeiten" lag natürlich nichts näher, als sich weiter mit der barocken Violinmusik des Italieners zu befassen. Stoff hierfür bieten dessen rund 600 Konzerte wahrlich genug. Insoweit ist es überaus erfreulich, dass Kennedy sich einige Stücke ausgesucht hat, die nicht zu den abgedroschenen Evergreens gehören.
Er geht die Konzerte mit gewohnt scharfem, aggressivem Strich an. Seine exzentrische, das Virtuose stets betonende Spielweise verleiht den Werken einen avantgardistischen, eigenwilligen und kratzbürstigen Charakter. Dabei ist aber auch eine gute Portion Eitelkeit mit im Spiel, so dass zu fragen bleibt, ob Kennedy, wenn er Vivaldi interpretiert, nicht eigentlich doch immer nur Kennedy spielt. In der vorliegenden Aufnahmen lassen nicht zuletzt die oft übertrieben halsbrecherisch gewählten Tempi diese Ahnung aufkeimen. Zudem gibt es kaum Momente mediterraner, charmanter Leichtigkeit. Kennedys im Booklet geäußerte Vermutung, Vivaldi sei wohl am Morgen aufgestanden und habe (in der Musik) einfach seine Empfindungen aufgeschrieben, zeigt insoweit charakteristisch, dass er Vivaldi allein aus unserer bzw. seiner heutigen Sichtweise interpretiert und die Vorstellungswelt des barocken Menschen ihn weniger kümmert.
Andererseits ist es schon erfrischend, einen so frechen, energiegeladenen Vivaldi präsentiert zu bekommen. Und manchmal wirkt diese Herangehensweise auch entlarvend, wenn nämlich der Solist selbst die banalsten musikalischen Ornamente expressiv auflädt, was deren Floskelhaftigkeit nur um so greller aufscheinen läßt. Zudem bietet Kennedy mit seiner Einspielung der Sonate Nr. 2 d-moll, RV 12, einen kraftvoll-deftigen, aber auch für Puristen genießbaren Leckerbissen.
Die Mitglieder der Berliner Philharmoniker vollziehen Kennedys Ansatz nicht nur nach, sondern auch engagiert mit. Sie entfesseln einen solchen orchestralen Furor, dass sie auf einmal mit ihren modernen Instrumenten von einem Ensemble wie Il giardino armonico gar nicht mehr so weit entfernt zu sein scheinen.
Auch die übrigen Solisten, Daniel Stabrawa, Albrecht Mayer und Olaf Maninger brillieren mit virtuosem Können, ohne jedoch ein eigenständiges Gegengewicht zu Kennedys interpretatorischem Ansatz zu bilden. Sie stellen sich vielmehr ganz klar und bereitwillig in den Dienst seiner Sache.
Kurzum: (Wieder) Ein moderner, schriller, aufregender Vivaldi - nichts für stille Stunden, aber dafür eine auch für Metal-Fans geeignete Klassik-CD.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1 Allegro
2 Largo
3 Allegro
Concerto RV 356 a-moll
4 Allegro
5 Largo
6 Presto
Concerto for two violins RV 507 C-Dur
7 Allegro
8 Largo
9 Allegro
Sonata No.2 RV 12 d-moll
10 Preludio: Largo
11 Corrente: Allegro
12 Gavotta: Presto
13 Giga: Allegro
Concerto for violin and oboe RV 548 B-Dur
14 (Allegro)
15 Largo
16 Allegro
Concerto RV 230 (Op.3 No.9) D-dur
17 (Adagio) – Allegro
18 Larghetto
19 (Adagio) – Allegro
Concerto for two violins and cello RV 578 g-moll
20 Adagio e spiccato –
21 Allegro
22 Larghetto
23 Allegro
Besetzung
Danile Stabrawa, Violine
Albrecht Mayer, Oboe
Olaf Maninger, Cello
Mitglieder der Berliner Philharmoniker
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |