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Sound of Light
Info
Musikrichtung:
Barock Orchster
VÖ: 17.10.2014 (Sony Classical / Sony Classical / CD / DDD / 2014 / Best. Nr. 88843082572) Gesamtspielzeit: 66:40 |
RADIKAL MODERN, UNVERBRAUCHT EXZENTRISCH
Wenn das letzjährige Rameau-Recital von Sabine Devieilhe und Alexis Kossenko so etwas wie den Auftakt zum 250. Todestag von Jean-Philippe Rameau darstellt, dann präsentiert uns Teodor Currentzis mit seinem Ensemble Musica Aeterna so etwas wie den brillanten Schlusspunkt. The Sound of Light ist eine Rameau-Collage, die in ihrer Reihung unterschiedlicher instrumentaler und dreier vokaler Nummern aus Rameaus Opern-Oeuvre zunächst etwas beliebig wirkt, beim Hören aber ein vollkommen überzeugendes Porträt des berühmten französischen Komponisten ergibt. Ein Porträt freilich, dass den 1683 Geborenen direkt in unser Jahrhundert zu katapultieren scheint. Obwohl hier auf historischen Instrumenten musiziert wird, klingt Rameau so zeitgenössisch, so radikal modern und unverbraucht exzentrisch, dass man sich des öfter verblüfft die Ohren reibt.
Currentzis selbst erweist sich hier als echter Erbe Nikolaus Harnoncourts, der in den 1950er Jahren damit begonnen hatte, die alten Meister auf historischen Instrumenten und mit entsprechenden Spielweisen wieder zu entdecken. Nicht, um sie museal zu rekonstruieren, sondern um sie so neu und frisch klingen zu lassen, dass man als Hörer das Gefühl haben durfte, dass es sich z. B. bei den Bach-Kantaten und -Oratorien um Uraufführungen handelte. Jüngst hat Harnoncourt diesen Ansatz noch einmal bei den letzten Mozart-Sinfonien verfolgt und erneut gezeigt, dass diese Musik noch immer nicht ausinterpretiert ist.
Nun ist die interpretatorische Tradition bei Rameau noch um einiges jünger; vieles von ihm wurde erst nach langem posthumem Schweigen in der 2. Hälfte des 20. Jahrhundert wieder aufgeführt. Der eingenständige französische Barock-Stil musste erst einmal von den Interpreten erarbeitet werden. Trotzdem gibt es da inzwischen auch gewisse Standards. Wie Currentzis aber die Musik Rameaus gegen alle Rokoko-Eleganz als fast schon zeitlose Avantgarde inszeniert, wie er sie gleichsam prismatisch aufbricht, um aus ihren blühenden Harmonien und elastischen Rhythmen ein ganzes Kaleidoskop seelischer Befindlichkeiten und aufregender Klangwirkungen herauszumusizieren, das ist ebenso gewagt wie anregend - weil es der Musik keine Gewalt antut, sondern neue Facetten offenbart, die durch 'Stiltreue' allein nicht zu entdecken sind.
Currentzis erweis sich dabei nach seinen Purcell- und Mozart-Erkundungen ereneut als Manierist, aber seine widerborstigen Phrasiereungen, energischen Akzente, empfindlichen Tempodehnungen und -Stauchungen, sein Spiel mit dynamischen Extremen, Klangfarben und Artikulationsmöglichkeiten geht wunderbar auf: Man versteht, weshalb Rameaus Zeitgnossen diese Musik 'überladen' und 'barock' fanden (heute würde man von 'reich' und 'ungewöhnlich' sprechen). Man kann sich auch vorstellen, warum manche zarteren Damen bei der deinen oder anderen Wendung in Ohnmacht gefallen sind. Wie gesagt: Interpretation als Neu-Kreation. Currentzis und das auf ihn eingeschworene Orchester Anima Aeterna spielen auf alten Instrumeten für den heutigen Hörer. Sie lassen ihn wie einen staunenden Besucher durch die von strahlenden Farben, flirrenden Licht- und Schattenspielen erfüllten musikalischen Räume Rameaus schreiten. Selbst auf dem Notenpapier unscheinbar wirkende Tänze entwickeln dabei erstaunliche koloristische und dramatische Qualitäten.
Das Programm, dass etwas mehr als eine Stunde dauert, wirkt so gehaltvoll wie eine ganze Oper. Man würde doch gerne mal wissen, ob man eine vollständige Rameau-Oper in einer solcherart aufgeladenden Interpretation überhaupt verkraften würde. Möglicherweise ist diese Aufnahme wirklich ein Einzelstück - unwiederholbar, wie ein gutes Konzert.
Georg Henkel
Trackliste
1 | Les Fêtes d'Hébé, La Danse, Scène VII: Musette et Tambourin en rondeau pour Terpsichore |
2 | Zoroastre, Acte III, Scène VII: Gavotte en rondeau |
3 | Les Boréades, Acte IV, Scène IV: Entrée pour les Muses, les Zéphyres, les Saisons, les Heures et les Arts |
4 | Les Indes galantes, Nouvelle entrée, Les sauvages, Scène VI: Chaconne |
5 | Les Indes galantes, Troisième entrée, Les fleurs, Scène VIII: Ballet des fleurs - Orage |
6 | Zoroastre, Act I, Scène III: Air tendre en rendeau |
7 | Platée, Acte I, Scène VI: Orage |
8 | Les Indes galantes, Nouvelle entrée, Les sauvages, Scène VI: Rondeau - Duo et choeur "Forêts paisibles" |
9 | Six Concerts transcrits en Sextuor, Sixième concert: La poule |
10 | Platée, Acte II, Scène IV: Récitativ "Essayons du brillant" - Ariette "Aux langueurs d'Apollon" |
11 | Nais, Prologue, Scène V: Premier rigaudon - Deuxième rigaudon |
12 | Zoroastre: Ouverture |
13 | Hippolyte et Aricie, Acte I, Scène I: Prélude - Air accompagné "Temple sacré, séjour tranquille" |
14 | Nais: Ouverture |
15 | Les Boréades, Acte I, Scène IV: Première contredanse en rondeau pour les Peuples boréades travestis en Plaisirs et Grâces - Deuxième contredanse en rondeau pour les Peuples boréades travestis en Plaisirs et Grâces |
16 | Les Indes galantes, Première entrée, Le turc généreux, Scène VI: Air pour les esclaves africains |
17 | Dardanus, Prologue, Scène II: Premier tambourin pour les Peuples de différentes nations - Deuxième tambourin pour les Peuples de différentes nations |
18 | Castor et Pollux, Acte I, Scène III: Prélude - Air accompagné "Tristes apprêts" |
Besetzung
Alexei Svetov: Bass
MusicAeterna Orchestra & Chor
Teodor Currentzis: Leitung
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