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Rosenkranzsonaten
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 23.09.2004 ZigZag Territoires / Note 1 (2 CD, DDD (AD: 2003) / Best.Nr. ZZT 040801-2) Gesamtspielzeit: 113:19 Internet: ZigZag Territoires |
HOCH DRAMATISCH, HOCH VIRTUOS
Man mag in den Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) sehen, was man mag: Programmatisch-tonmalerische Anspielungen, ein nur dem Spieler erkennbares hintersinniges Verwenden von technischen Kniffen, eine kryptische Verständigung zwischen dem Komponisten und dem Widmungsträger (Gandalf, Erzbischof von Salzburg) oder auch ein beispielloses Spiel mit der Zahlenmystik in der Musik - in jedem Fall aber handelt es sich um eine der raffinierstesten, vielfältigsten und bis heute immer wieder mitreißende Braockkomposition. Sie atmet eine tiefe Frömmigkeit und Andacht, selbst wenn wir nicht alle ihre Anspielungen und Wirkungsweisen zu entschlüsseln vermögen.
Über den Hintergrund und den Aufbau des Werkes ist hier bei anderer Gelegenheit vor nicht allzu langer Zeit ausführlich berichtet worden (siehe Review zur Einspielung mit Alice Píerot).
Im Vergleich zu jener beim Label Alpha erschienenen Interpretation bietet Patrick Bismuth auf seiner Barockvioline einen Interpretationsansatz von ganz anderem Charakter: Er streicht beherzt das Virtuose heraus und betont die dramatische Seite der Stücke. Sein selbstbewußtes Spiel ist kraftvoll, zugleich aber nuancenreich. Bismuths Interesse gilt ersichtlich den technischen Finessen, der Vermischung italienischer und französischer Stilelemente, die sich mit einer gewissen deutschen Strenge im Satz paaren. Zwar gibt es auch meditative Momente, versonnen oder andachtsvoll geraten die Stücke aber nur selten. Eher schon tanzt und singt seine Violine zwischendurch einmal wunderbar beschwingt.
Von besonderem Reiz ist die Aufnahme unabhängig von diesen solistischen Qualitäten Bismuths auch wegen der ungewöhnlich reichen Besetzung des Continuos. Cello, Theorbe, Lirone, Viola, Harfe, Kontrabass und Cembalo verleihen der Musik einen bislang kaum gehörten Farb- und Variantenreichtum. Ihr Einsatz durch das Ensemble La Tempesta geschieht dabei unaufdringlich und sensibel; nie gerät die Balance zur dominanten Violine in Gefahr.
Das vollkommen reine und präsente Klangbild sowie die sorgfältige Aufmachung dieser Doppel-CD machen sie zusätzlich empfehlenswert.
Ob man Bismuths Interpretation beispielsweise jener von Alice Píerot vorzieht, ist eine reine Geschmacksfrage. Im Grunde sind beide so unterschiedlich geraten, dass man meinen könnte, zwei ganz verschiedene Stücke zu hören. Es lohnt sich also unter Umständen, beide Einspielungen zu besitzen und an jeder den ganz eigenen Reiz entdecken und schätzen zu lernen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1-14 Der freudenreiche Rosenkranz
15-20 Der schmerzhafte Rosenkranz
CD II
1-6 Der schmerzhafte Rosenkranz (Forts.)
7-21 Der glorreiche Rosenkranz
22 Der Schutzengel
Besetzung
L´Ensemble La Tempesta:
Hélène Dufour / Marinette Extermann, Cembalo
Caroline Delume, Theorbe
David Simpson, Violoncello
Richard Myron, Kontrabass
Matthieu Lusson, Viola
Marion Fourquier, Harfe
Lucas Guimaraes-Peres, Viola / Lirone
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |