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Info
Musikrichtung:
Deutscher Schlager
VÖ: 18.10.2004 (BMG / White Records) Gesamtspielzeit: 72:21 Internet: http://www.roland-kaiser.de |
30 Jahre Schlagergeschäft hinterlassen ihre Spuren auf verschiedenste Art und Weise. Der eine wird alt, der andere wird weise; der eine trimmt sich auf jung, der andere gewinnt der jeweiligen Lebensphase das Beste ab. Wie man schon in den letzten Jahren an der Auswahl der neu produzierten Songs merken konnte, hat sich Roland Kaiser dafür entschieden, in Würde und Stil zu altern. Ob das auch für seine neue Compilation gilt, die - das typische Spielchen der Plattenfirmen - mit zwei neuen Titeln bestückt wurde, wird sich zeigen.
Im Einzelnen:
Auffällig ist bereits beim Opener "Ich glaub, es geht schon wieder los", dass ein neuer und moderner Rhythmus unterlegt wurde und einen absolut zeitgemäßen Groove abliefert, obwohl er ein wenig synthetisch klingt und das Werk eines leistungsfähigen Computers zu sein scheint. Weiterhin fällt ins Auge bzw. Ohr, dass man sich nicht an den alten Masterbändern bereichert hat, sondern den so genannten "Schlagerkaiser" seine großen Erfolge neu einsingen ließ. Auch "Warum denn aus Liebe weinen" verfügt über einen schönen und filigranen Groove, gut geeignet als Background für eine älter bzw. reifer gewordene Stimme, die darüber berichtet, dass die Erlebnisse eines Singles im leicht fortgeschrittenen Alter nicht immer die erfreulichsten sein müssen und man öfter mit One-night-stands und Abschied im Morgengrauen konfrontiert wird. Der in der Bridge eingesetzte Rhythmus und die dort fröhlich arbeitende Gitarre klingen jedoch für diesen Song ein wenig zu überzogen. Über das dann folgende "Santa Maria" zu schreiben, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Da ist der Remix von "Hunderttausend Fragen" schon interessanter, denn der kann schon mal die eine oder andere Tanzfläche füllen. Flotter Rhythmus und männliche Selbsterkenntnis (mit Reue und Liebe gemischt) dürfte die Disco-Fox-Gemeinde - besonders die Damenwelt - durchaus erfreuen. Auch "Dich zu lieben" hat neuen Drum-Background erhalten und kommt gelegentlich sogar ein wenig funky daher und hat dem altbekannten Song den Staub von der Seele geblasen.
"Du bist weg" könnte durchaus als Untertitel dieses Albums gelten, denn Roland Kaiser scheint sich in der Rolle des verlassenen und einsamen Jägers der Nacht zu gefallen. Der hierdurch erzeugte Effekt mag bei einigen Hörern sein, dass man froh ist, einen Partner zu haben und nicht diese Momente der Einsamkeit erleben zu müssen. Wer jedoch Angst vor der Ehe hat, kann sich da mit "Sieben Fässer Wein" mehr oder weniger elegant aus der Affäre ziehen. Dieses Lied ist im Wesentlichen in seiner Urversion erhalten geblieben, lediglich der Pfarrer wurde mit einer noch strengeren Stimme gesegnet. "Ich geh mit dir, wohin du willst" belegt zum wiederholten Male, dass man bei der Begleitmusik auf diesem Album recht sparsam agiert und im Wesentlichen nur auf eine Rhythmusgruppe zurückgreift, die den Groove-Teppich ausbreitet, über den Herr Kaiser seine Geschichte und seine Gefühle schreiten lässt. Da kann auch das Piano bei "Ich liebe dich so wie du bist" nichts ändern, und so langsam erfährt man gelegentlich ein Deja-vu. Der Song "Du" kann seine Ähnlichkeit mit "Midnight Lady" nicht verleugnen und stellt eine schöne balladeske Bereicherung des Albums dar, denn fast jeder dürfte ähnliche Erfahrung gemacht haben, wenn auf einmal die Ex vor ihm steht.
"Alles auf Anfang" bringt wieder Tempo in das Album und richtet den inhaltlichen Blick nach vorn. Auch dies Lied gehört in eine gut sortierte Disco-Fox-Disco, denn Groove und Text erzeugen Aufbruchstimmung. Als Frauenversteher zeigt sich Roland Kaiser bei "Sie ließe sich so gerne fallen", wo er einen witzigen und teilweise verdrehten Text zu hispano-gefärbter Begleitung präsentiert und damit auch vor einigen Monaten bei vielen Radiostationen an alte Erfolge anknüpfen konnte. Auch hier zeigt sich die auf diesem Album oftmals ins Spiel gebrachte Erotik, jedoch nicht die wilde Erotik der Teens und Twens, sondern die erwachsene und reife Erotik ein wenig älterer Paare und Partner (für wie lange auch immer). Warum auch nicht, denn schließlich gibt es für Liebe und Sex keine Altersgrenze und so muss man auch diese Seite des Lebens nicht verschweigen, sondern kann mit entsprechender Tiefe einen guten Song darüber produzieren. Das erste neue Pflänzlein aus dem Hause Kaiser ist "In unserer Straße", wo er über den Multi-Kulti-Mix seiner Wohngegend berichtet und - ähnlich wie "Griechischer Wein" in den 70ern - für Verständnis und Toleranz eintritt nach dem Motto: Na und, ist doch alles prima! Musikalisch gekleidet wird dieses Werk in das Gewand großer Hymnen (getragener Rhythmus, Streicher und großer Chor) und hinterlässt einen runden Gesamteindruck. "Du bist noch hier" beginnt mit einer Frauenstimme und gleitet dann hinüber in eine sehr getragene Gangart, die dem Lied leider zu wenig Leben einhaucht und es neben den anderen Songs abfallen lässt, obwohl der Text sich nicht verstecken muss. Den Abschluss bildet ein Hit-Mix, ohne den ein Best of-Album heutzutage anscheinend nicht mehr auskommt. Oftmals wird es dann so gehandhabt, dass eine durchgehende Rhythmus-Spur die einzelnen Passagen aufnimmt und glatt miteinander verbindet. Nicht so in diesem Fall, denn relativ harte Cuts trennen die ausgewählten Teile und beinhalten teilweise auch Tempowechsel, was die tänzerische Umsetzung immer ein wenig erschwert. Da hätte man doch ein bisschen mehr Mühe und Arbeit investieren sollen.
Fazit:
Roland Kaiser und seine Musik sind in den letzten Jahren logischerweise gereift. Gleichzeitig hat der Erotikfaktor der Songs zugenommen ebenso wie der anscheinend ständig latent vorhandene Untertitel "Roland auf der Suche nach der Liebe", wobei es durchaus zu One-night-stands kommen kann bzw. soll. Musikalisch hat man den Liedern einen modernen und nicht zu aufdringlichen Rhythmus verpasst, der jedoch durch den ewig identischen Sound mit der Zeit ein wenig leblos wirkt. Hier hätte man ein wenig mehr Abwechslung einbauen können.
Trotzdem wird hier ein Album vorgelegt, dass durch seine musikalisch umgesetzte Reife überzeugt und die alten Hits in einem dezent verjüngten Gewand präsentiert, dass ihnen auch zu häufigeren Airplays verhelfen dürfte.
Lothar Heising
Trackliste
1 | Ich glaub es geht schon wieder los | 3:41 |
2 | Warum denn aus Liebe weinen | 4:16 |
3 | Santa Maria | 4:11 |
4 | Hunderttausend Fragen (Remix) | 3:50 |
5 | Dich zu lieben | 3:47 |
6 | Du bist weg | 3:02 |
7 | Sieben Fässer Wein | 3:11 |
8 | Ich geh mit dir wohin du willst | 3:26 |
9 | Manchmal möchte ich schon mit dir | 3:37 |
10 | Ich liebe dich so wie du bist | 4:24 |
11 | Alles was du willst | 3:51 |
12 | Du | 3:40 |
13 | Lieb mich ein letztes Mal | 4:40 |
14 | Alles auf Anfang | 3:35 |
15 | Ich hab dich 1000 mal geliebt | 3:25 |
16 | Sie ließe sich so gerne fallen | 3:38 |
17 | In unserer Straße | 3:37 |
18 | Du bist noch hier | 3:54 |
19 | Hit-Mix | 4:36 |
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |