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Tietz, A.F. (Pratum Integrum)

Instrumentalmusik

Info Musikrichtung: Klassik VÖ: 16.08.2004 Caro Mitis / Klassik Center Kassel (SACD hybrid DDD (AD: 2004) / Best. Nr. CM 0022004) Gesamtspielzeit: 57:31 Internet: Caro Mitis

Nach einer äußerst interessanten und abwechslungsreichen CD mit Werken Berezovskys (siehe Review) folgt jetzt eine weitere Veröffentlichung mit dem Pratum Integra Orchestra. Wieder handelt es sich um eine Surround SACD, erschienen beim russischen Label Caro Mitis.
Diesmal werden uns Instrumentalwerke des Komponisten Anton Ferdinand Tietz (1742-1810) präsentiert. Tietz lebte lange in Nürnberg und Wien. Hier kam er u.a. mit Gluck und mit Joseph Haydn in Kontakt. Am Hof in St. Petersburg errang er schließlich glänzende Erfolge und hatte beispielsweise die Zarin mit kammermusikalischen Stücken und Zusammenstellungen zu unterhalten. Später wirkte er in Berlin, Leipzig, Dresden und Prag. Bis heute ungeklärt ist eine in zeitgenössischen Quellen erwähnte Geisteskrankheit Tietz´, in deren Folge er schließlich in geistiger Umnachtung gestorben sein soll.

Seine Musik steht bis heute im Schatten der Werke seiner weitaus bekannteren Zeitgenossen. Dies mag mit Blick auf die größer besetzten Kompositionen durchaus seine Berechtigung haben. Die hier zu hörende Symphonie Nr. 4 beispielsweise ist doch arg konventionell und mit ihren schon damals eher altbackenen Effekten kaum geeignet, den Zuhörer zu fesseln. Auch das Violinkonzert Es-Dur stellt zwar ein hübschers Virtuosenstück, aber kein Meisterwerk da.
Ganz anders bei der Kammermusik. In allen drei eingespielten Stücken erweist Tietz sich als origineller Kopf, der mit seinen frischen Ideen und ihrer stringenten Durchführung am ehesten dem Stil von "Sturm und Drang" verpflichtet ist. Neben manch technisch komplizierter Kapriole klingen hier bereits bisweilen geradezu romantische Vorstellungen, sowie volkstümliche Wendungen an. Am reizvollsten erscheint übrigens das Quartett d-moll. Die Zarin samt Familie dürfte sich glänzend unterhalten gefühlt haben, wenn Tietz auf diese Weise zur höfischen "Stubenmusik" beitrug.

Das auf Originalinstrumenten musizierende Orchester bleibt auch bei dieser SACD seinem hohen Anspruch treu. In den Orchesterwerken zeigt es sich so temperamentvoll, dass manche Länge der Stücke dadurch ausgeglichen wird. Die Kammermusikwerke werden technisch perfekt, zugleich aber mit mitreißender Spielfreude dargeboten. Besonders beeindruckt dabei die Leistung der beiden Solo-Violinisten Sergei Filchenko und Dmitry Sinkovsky. Das vibratoarme, zupackende Spiel der Streicher sorgt insgesamt stets für die notwendige Spannung.
Das Klangbild der Aufnahme ist erneut absolut rein und schlicht ideal zu nennen. Das Booklet bietet viele Details zum Leben des Komponisten und zu den (allesamt erstmals) eingespielten Stücken.

Sven Kerkhoff