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Reviews

Grieg, E. (Froschauer)

Peer Gynt (Schauspielmusik)


Info

Musikrichtung: Romantik

VÖ: 01.08.2004

Capriccio / DeltaMusic (2 CD DDD (AD: 2002) / Best.Nr. 60110)

Gesamtspielzeit: 135:00

Internet:

Capriccio

DAS ENDE DER HARMLOSIGKEIT

"Schauspiel von Henrik Ibsen mit der gesamten Bühnenmusik von Edvard Grieg", so der Untertitel dieser Produktion. Es ist die dritte Einspielung einer Schauspielmusik samt ihrer dramatischen Einkleidung, nachdem das WDR Rundfunkorchester beim Label Capriccio bereits Bizets L´Arlesienne und Schuberts Rosamunde zu ihrem Recht verholfen hat. Die Musik Edvard Griegs (1843-1907) zu Ibsens Schauspiel ist dem Konzertpublikum bestens aus den Peer Gynt-Suiten bekannt. Auch das Schauspiel seinerseits ist bisweilen auf deutschen Bühnen zu erleben. Beides zusammen hingegen wird man kaum je geboten bekommen. Zu groß ist der Aufwand, zu groß sind die Vorbehalte, gegen eine vermeintlich melodramatische Verquickung beider Kunstformen, die sich gegenseitig hemmen könnten.
Diese Einspielung zeigt, dass zwar Ibsens Schauspiel trotz ihres nur losen Handlungsgefüges autonom sein mag, Griegs Musik ohne den Kontext aber mißverständlich ist. Denn als folkloristisches Stück mit allerlei buntem Lokalkolorit, schwelgerisch-verträumten Melodien und mitreißenden Rhythmen, wie es uns in den Suiten erscheint, ist das Werk keineswegs angelegt. Wie Ibsen war auch Grieg daran gelegen, norwegische Mythenseeligkeit und Ländlichkeit zu karikieren. So schrieb er selbst über den "Tanz der Tochter des Bergkönigs", dies sei ein Satz, "den anzuhören ich buchstäblich nicht ertragen kann, so sehr stinkt er nach Kuhdünger und norwegischer Beschränktheit und Selbstüberhebung! Aber ich verspreche mir auch, dass man die Ironie heraushören kann, die dahintersteht."
Ja, das kann man - aber nur, wenn wie bei dieser Aufnahme Text und Musik zu einer Einheit verschmelzen.

In einer Zeit, in der das Hörbuch populär ist, darf man hoffen, auch mit einem solchen "Hör-Schauspiel mit Musik" ein größeres Publikum zu gewinnen. Etwas Aufmerksamkeit erfordert es freilich schon, will man Ibsens Versen folgen und die Geschichte um Peer Gynt nachvollziehen, jenen aufschneiderischer Nichtsnutz und Weiberheld, der suchend die Welt durchstreift, um schließlich erst im Alter in seiner Heimat durch die Liebe Solvejgs das Glück und sich selbst zu finden.
Wer sich der Mühe unterzieht, erlebt aber ein Gesamtkunstwerk, in dem erst die wahre Größe der Musik Edvard Griegs zur Geltung kommt. Wie raffiniert er die Situationen ausleuchtet, die Stimmungen nachzeichnet und Ibsens Ideen aufgreift, macht das Dirigat Helmuth Froschauers dabei glänzend deutlich. Froschauer bemüht sich erfolgreich, sich von den Hörgwohnheiten, die sich durch die Peer Gynt-Suiten eingeschliffen haben, zu lösen. So gewinnt das Stück "Ases Tod" in seiner Schlichtheit existenzielle Größe, Solvejgs oft verkitschtes Lied verströmt sehnsüchtige Schwermut und die tänzerischen Elemente in den volkstümlicheren Stücken werden schön herausgearbeitet. Selbst die wohlbekannte "Morgenstimmung" wirkt hier um einiges frischer und blühender, als in den meisten anderen Einspielungen. Kein Zufall, hat sie doch erst im Gesamtwerk ihren sinnvollen Platz. Insgesamt ist dabei das Spiel des WDR Rundfunkorchesters Köln eher sanft bis zurückhaltend und betont dadurch stark die illustrative Komponente der Musik.
Andreas Pietschmann und Nicole Heesters gestalten ihre Rollen lebendig und authentisch. Als Erzähler nimmt Peter Fröhlich den Zuhörer mit vielleicht etwas zu onkelhaftem Ton, aber doch unaufdringlich bei der Hand.
Das Klangbild ist plastisch, das enthält neben dem gesamten Schauspieltext auch viele Informationen zur Entstehungsgeschichte des Werkes.



Sven Kerkhoff

Besetzung

Andreas Pietschamnn (Peer Gynt)
Nicole Heesters (Ase)
Anneli Pfeffer (Solvejg, Anitra u.a.)
Peter Fröhlich (Erzähler, Der Krumme u.a.)

WDR Rundfunkorchester Köln

Ltg. Helmuth Froschauer
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