Reviews
Songs of Gastarbeiter Vol. 1
Info
Musikrichtung:
Türkisch-deutsche Liedermacher
VÖ: 25.10.2013 (Trikont / Indigo) Gesamtspielzeit: 65:34 Internet: http://www.ayku.com |
Das findige Trikont-Label hat wieder mal ein musikalisches Phänomen auf die Gabel gespießt, auf das so schnell kein anderer gekommen wäre. Völlig unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit hatte sich in den 70er und 80er Jahren eine ganz eigene Art von (türkischer) Parallelkultur aufgebaut. Musik, gespielt von Gastarbeitern, oft auf Musik-Cassetten über Läden vertrieben, in die selbst der Multikulti-Deutsche nur selten seinen Fuß setzte.
Trikont hat mit den Türkisch-Preußen Imran Ayata und dem Türkisch-Bayern Bülent Kullukcu, gemeinsam kurz Ayku, ein Album zusammengestellt, auf dem Musik versammelt ist, die aus der ersten türkischen Einwanderer-Generation stammt. Ayku erklären im Booklet ehrlich, dass das eine verengte Perspektive ist, da es natürlich auch Gastarbeiterkultur von Menschen aus anderen Ländern als der Türkei gibt. Aber sie haben sich sinnvoller Weise auf das fokussiert, was sie von ihren Eltern her kannten. Das Vol. 1 im Titel der CD will nicht zuletzt darauf hinweisen, dass hier noch reichlich Raum für weitere Veröffentlichungen besteht.
Herausgekommen ist ein recht vielfältiges Programm, teils türkisch, teils deutsch gesungener Stücke, die sich in der Regel mit der Situation der in Deutschland Fremden, bzw. der von den eigenen Wurzeln / Familien Getrennten beschäftigt. Überwiegend sind die Texte (wenn man den kurzen Paraphrasen der Texte im Booklet folgt) leidvolle Anklagen eines schweren Schicksals. Das selbstbewusste „Es ist schwer, aber wir haben uns dafür entschieden und packen das“, das man von Neu-Amerikanern im 19. Jahrhunderten kennt, findet man kaum. Der Titel Songs of Gastarbeiter spiegelt also auch das Bewusstsein von Künstlern, die sich überwiegend entwurzelt und unwillkommen fühlen; eher Herumgestoßene, als Schmiede ihres neuen Glücks.
Es gibt Ausnahmen. So erleben wir in „Guten Morgen Mayistero“ die Lebensfreude eines müden (Gast)arbeiters, der morgen Geburtstag hat, ein humorvolles „Dir, Dir“, das ironische „Türkisch Mann“, in dem Yusuf ironisch sämtliche Vorurteile, die gegen Türken bestehen, in einen Topf rührt.
Musikalisch scheinen etliche der Stücke kaum von Europa beeinflusst zu sein. Andere sind nach westlichem Maßstab arrangiert („Es kamen Menschen an“), nehmen Disco-Elemente auf (Derdiyoklar) oder singen „Almanyalim Gel“ auf rockigem Unterbau mit mächtig angepisster Stimme. Bei ner Blues-Band würde man die von Whiskey und Kippen geprägte Stimme loben.
Schönes Album, das dem Durchschnittsdeutschen durchaus eine Brücke zu den fremdartigen orientalischen Klängen türkischer Musiken bauen kann.
Trackliste
1 | Ozan Ata Canani - Deutsche Freunde | 4:04 |
2 | Cem Karaca - Es kamen Menschen an | 4:20 |
3 | Asik Metin Türköz - Guten Morgen Mayistero | 4:00 |
4 | Asik Divane - Merhaba Dayi - Wie geht's? | 3:03 |
5 | Gülcan Opel - Araya Almanya Girdi | 5:08 |
6 | Selda - Almanya aci vatan | 4:12 |
7 | Mahmut Erdal - Çürütmüs Ömrümü zalim Almanya | 2:41 |
8 | Zerah Sabah - Almanya dönüsü | 5:48 |
9 | Gurbetci Riza - Dir, Dir | 3:46 |
10 | Yusuf - Türkisch Mann | 2:54 |
11 | Ali Avaz - Almanyalim Gel | 3:59 |
12 | Derdiyoklar - Alman Marki | 5:30 |
13 | Derdiyoklar - Soför Gardas | 3:41 |
14 | Yüksel Özkasap - Gurbet | 6:15 |
15 | Cem Karaca - Willkommen (AYKU Remix) | 3:09 |
16 | Gurbetci Riza - Dir, Dir (AYKU Remix) | 3:09 |
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |