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Vienna 1789
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 11.10.2013 (Berlin Classics / Edel / CD / 2013 / Best. Nr. 0300551BC) Gesamtspielzeit: 76:14 Internet: Sebastian Knauer |
REVOLUTIONÄR
Man täte der hohen interpretatorischen Qualität der Einspielung Unrecht, wenn man behauptete, Sebastian Knauers neuestes Album sei vor allem wegen seines künstlerischen Konzepts interessant. Und doch ist es ebendieses, welches zuerst ins Auge sticht und die Gedankenspiele beflügelt: Vienna 1789 ist die CD betitelt und vereint drei Werke, die in Wien bzw. im Wiener Umfeld in jenem Revolutionsjahr entstanden sind. Natürlich sucht man da fieberhaft nach Gemeinsamkeiten, aber auch nach Spuren der politischen Umwälzungen. Allzu leicht erliegt man der Versuchung, solche Spuren oder Vorwegnahmen aus der Rückschau in die Werke hineinzulesen, denn alle drei sind doch stark persönlich gefärbt, kein Spiegelbild politischer Landschaften. Und so ist vielleicht eher der stilistische Vergleich fruchtbringend, zeigt sich doch z.B., dass Beethoven mit seinem chronologisch ersten (nur nach dem Werkkatalog zweiten) Klavierkonzert der Tonsprache des späten Mozart weitaus näher steht als jener Haydns. Aber auch dessen späte Klaviersonate Nr. 19 erweist sich in ihrem Anspruch in Technik und Ausdruck als erstaunlich zukunftsweisend und innovativ. Spannend und klug ist diese Art der Kopplung allemal.
Der Pianist Sebastian Knauer macht sie aber auch künstlerisch zu einem Hochgenuss. Sein leichter, duftiger Anschlag in Mozarts letztem Klavierkonzert lässt beinah vergessen, dass hier auf einem modernen Flügel musiziert wird. Perlend ist der Klang seines Spiels, das sich nie unnötig in den Vordergrund drängt, sondern aus dem Dialog mit dem Orchester erwächst. Dem beethovenschen Konzert gibt Knauer hingegen schon etwas mehr pianistische Grandezza bei, was dem Charakter der Musik aber vollkommen angemessen ist. Einzig bei Haydns Sonate, für den Ausführenden nicht minder anspruchsvoll als für den aufmerksamen Hörer, fragt sich dann doch, ob hier der Steinway nicht ein zu großes Format bewirkt.
Das Zürcher Kammerorchester spielt unter der Leitung von Sir Roger Norrington schlank, schlackenlos und frei von Vibrato. Die Bläserstimmen werden kunstvoll herausgearbeitet. Schöner kann man sich dies kaum wünschen. Mag 1789 für den europäischen Hochadel ein annus horribilis gewesen sein, für den Musikliebhaber wird aus ihm mit dieser Produktion ein Spitzenjahrgang.
Sven Kerkhoff
Trackliste
4-6 J. Haydn: Klaviersonate Nr. 19 Es-Dur, Hob. XVI:49
7-9 L. v. Beethoven: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur, op. 19
Besetzung
Zürcher Kammerorchester
Sir Roger Norrington: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |