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Mensa sonora
Info
Musikrichtung:
Kammermusik
VÖ: 21.09.2004 Deutsche Grammophon / Universal Classics CD DDD (AD 1987) / Best. Nr. 477 500 1 Gesamtspielzeit: 60:59 |
WOHL BEKOMMT’S
Es ist angerichtet: Pünktlich zum Biber-Jubiläum wird diese Ersteinspielung der Mensa sonora, der „Klingenden Tafel“ des Salzburger Meisters in der preisgünstigen Blue-Serie der DG Archiv wiederveröffentlicht.
Was Heinrich Ignaz Franz von Biber seinem erzbischöflichen Herrn vor über dreihundert Jahren als Instrumentalische Taffel-Music mit frisch-lautenden Geigenklang kredenzte, mochte zwar weniger aufregend virtuose Sperenzchen als seine Violinsonaten enthalten, bot dafür aber eine abwechslungsreiche, unterhaltsame Begleitung zu den fürstlichen Diners. Barocke Muzak sozusagen, aber weit weniger banal - die Möbel in der Residenz stammten ja auch nicht aus einem zeitgenössischen Ikea-Großmarkt: Gewürzt mit einigen markanten, aber nicht aufdringlichen Motiven, verziert mit schönen Details und elegant verpackt in einen handwerklich perfekt gearbeiteten Satz, waren die stilisierten Tanzsätze dieser klein besetzten sechs Kammersonaten gut geeignet, die Pause zwischen den Gängen überbrücken. Oder sie halfen, die gepflegte Unterhaltung bei Tisch zu untermalen und der Verdauung geschuldete „un-höfliche“ Nebengeräusche diskret zu übertönen.
Man kann gerne die Probe aufs Exempel machen und daheim eine gesellige Runde mit dieser Einspielung beglücken. Private Feldversuche haben allerdings gezeigt, dass sich die Musik in der vorliegenden Produktion mit der ihr zugedachten Hintergrundbeschallung nicht unbedingt zufrieden geben will. Dafür sorgt bereits die alle klangfarblichen und artikulatorischen Finessen auskostende, temperamentvolle Interpretation von Reinhard Goebel und Musica Antiqua Köln.
Die fünf Musiker/innen präsentieren diese Miniaturen so kontrastreich, dass der Abnutzungseffekt bei den 47(!), manchmal kaum eine halbe Minute dauernden Tracks geringer ist, als erwartet. Ähnlich wie bei einem mehrgängigen Menü wechseln die Reize hier hörkulinarisch wohl abgestimmt.
Das „Dessert“ wird allerdings in diesem Fall bereits in der Mitte dieses musikalischen Banketts serviert: Goebel wählte dafür die berühmte Sonatina violino solo representativa, die noch aus Bibers Olmützer Zeit stammt. Ein Stück zum Karneval, in dem sich die barocke Freude an der Maskerade ungestüm austoben darf. Die Violine imitiert diverses Getier: Nachtigall und Kuckuck, Frosch, Hahn und Henne steuern ihre unverkennbaren Töne bei, Wachtelschnarren und Katzenmiauen ergötzen die Ohren, bis ein Musketiermarsch zum Kehrhaus überleitet. Wenn er die schrägen Töne mit gespitztem Bogen ebenso lust- wie kunstvoll ausfabuliert, ist Goebel ganz in seinem Element.
Für optimale Präsenz sorgt in sämtlichen Fällen eine gute Klangtechnik.
Georg Henkel
Besetzung
Christian Goosses, Viola Tenore
Phoebe Carrai, Violoncello
Thierry Maeder, Cembalo und Orgel
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |