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Reviews

Lully, J.-B. u. a. (Goebel)

Der König tanzt (Soundtrack)


Info

Musikrichtung: Klassik

VÖ: 21.04.2001

Deutsche Grammophon / Universal (CD DDD / AD 1999 / Best. Nr. 471 142-2

Gesamtspielzeit: 75:43

INTRIGENTANZ

"Kasperletheater für Bildungsbürger" lautete das kurze Statement meines Bruders zum neuen Film des "Farinelli"-Regisseurs Gérard Corbiau. Was einmal funktionierte, geht auch ein zweites Mal, wird sich dieser gedacht haben. Arbeitete sich in seiner letzten Produktion der Star-Kastrat Farinelli am musikalischen Über-Ich Händel und den Opern seines talentlosen Bruders ab, ist es hier der Gottvater der Französischen Musik, Jean-Baptiste Lully (1632-1687), der sich auf Gedeih und Verderb an König Ludwig XIV. bindet, für diesen und nur für diesen allein seine Musik schreibt. Bis der Dirigentenstock im Fuß landet...

Dass Corbiau sich beim Soundtrack seines Films für den deutschen Alte-Musik Experten Reinhard Goebel entschied, löste in Frankreich heftige Irritationen aus. Hatte man nicht eigene Experten wie William Christie und Marc Minkowski, die sich um Lullys Musik verdient gemacht hatten? Das kulturelle Gedächtnis ist bekanntermaßen lang, und so erinnerte man sich, daß Goebel vor 20 Jahren einmal gesagt hatte, französische Barockmusik sei langweilig. Ein Sakrileg! Goebel konterte im Focus: Was kümmerten ihn nationale Befindlichkeiten, er sei ein Reformer des Barock, Lullys Musik sei derb und in Frankreich spiele man ihn zu schwülstig.

Man kann davon halten, was man will: Goebels Lully trägt den Film über manchen dramturgischen Durchhänger hinweg. Mit großer Besetzung inklusive diversem Schlagzeug wird die Musik des 17. Jahrhunderts wieder lebendig. Das Monument Lully wird in den 35 kurzen Stücken zwar nur in Umrissen erkenntlich, als Appetitanreger ist diese CD aber unbedingt zu empfehlen.

Der „Türkische Marsch“ aus „Le Bourgeoise gentilhomme“ und die Passacaille aus "Armide" werden opulent und mit Verve dargeboten. Mein heimlicher Favorit ist das eher zarte "Prélude de la nuit" (Track 22), ein Stück von wunderbarer Melancholie. Wenn dann nach 75 Minuten Trompetenschall und Trommel-Donner doch das Bedürfnis nach etwas mehr französischem Zartgefühl aufkommen sollte, empfehle ich für Fortgeschrittene Christies Einspielung von „Atys“. Weniger scharf und monumental als Goebels Darbietungen, hat diese Aufnahme dennoch nichts von ihrer betörenden Schönheit verloren.



Georg Henkel

Trackliste

1Symphonie
2La Bocanne primitive
3La Bocanne compliquée
4Troupe d'Astrée dansante
5Ouverture
6Sarabande
7Le Roi représentant le soleil levant
8Air pour les matelots jouant des trompettes marines
9Air pour les esclaves et singes dansants
10Air pour les postures de Scaramouche
11Air pour les docteurs, Frivelins et Polichinelles
12Air pour les esclaves dansants
13Idylle sur la paix
14Ritournelle et air de Mademoiselle Hilaire
15Ouverture
16Ouverture
17Entrée des divinités infernales
18Marche pour la cérémonie des Turcs
19Giourdina
20Chaconne des Scaramouches
21Ombre de mon amant
22Prélude de la nuit
23Passons nos jours dans ces vergers
24Que voyez-vous, mes yeux?
25Plus j'observe ces lieux
26Dormons, dormons tous
27Passacaille
28Prélude Acte II
29Les Folies d'Espagne
30Entrée d'Apollon
31Entrée d'Apollon
32Deuxieme air
33C'est lui dont les dieux ont fait choix
34Que l'éclat de son nom
35Esprits empreses à nous plaire
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