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Reviews

Pergolesi, G. B. (De Marchi)

L´Olimpiade (DVD)


Info

Musikrichtung: Barockoper

VÖ: 7.2.2013

(Arthaus Musik / Naxos / 2 DVD / 2011 / Best. Nr. 101650)

Gesamtspielzeit: 170:00

Internet:

Trailer auf youtube

EMOTIONEN AUF DEM LAUFSTEG

Festivals an Geburtsorten von Komponisten neigen häufig zum musealen Konservativismus. Nicht so in Jesi, der Heimatstadt von Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736). Hier ging 2011 eine Inszenierung seiner Oper „L´Olimpiade“ über die Bühne, die sowohl musikalisch wie auch in puncto Regie als gleichermaßen innovativ wie maßstabsetzend geltend darf. Die Handlung spielt sich dabei im Teatro Valeria Moriconi nicht auf der beengten Bühne ab (hier sitzt statt dessen das Orchester), sondern wurde in den Zuschauerraum verlegt. Die Akteure treten auf zwei kreuzförmig angeordneten Laufstegen auf, die in der Mitte ein kleines Rondell bilden. Die Zuschauer sind rund um diese Konstruktion gruppiert, erleben das Geschehen also ähnlich hautnah wie der DVD-Zuschauer.
Das Konzept erweist sich nicht nur deshalb als schlüssig, weil die Barockoper laufsteggleich der Zurschaustellung von Emotionen dient, sondern auch, weil das Bühnenbild somit ohne schwülstige Kulissen auskommt, dafür aber viel Dynamik zulässt bzw. erzwingt und die stetige Neugruppierung die Figurenkonstellation nachzeichnet. Um den Spielraum zu erweitern, bezieht Regisseur Italo Nunziata bisweilen auch die Balkone/Logen des Theaters mit ein, was zusammen mit einigen wenigen bebildernden Requisiten und einem intensiven Spiel mit Farb- und Beleuchtungseffekten bereits vollkommen ausreicht, um für Abwechslung und Illustration des Geschehens zu sorgen. Bei den Kostümen wurde auf historischen Schwulst ebenso verzichtet, wie auf eine bloße Stilisierung – sie stellen sich vielmehr als eine Mischung aus barocken Kleidungselementen und comicartiger Überzeichnung dar. Wieso die Figuren allerdings Perücken im Stile der 80er erhalten haben und daher gewisse Ähnlichkeiten mit David Bowie oder Kim Wilde nicht verleugnen können, bleibt im Dunkeln. Es stört jedoch auch nicht weiter.

Die Agilität der Inszenierung spiegelt sich in Alessandro De Marchis pointiertem Dirigat wider. Die Spannung, mit der er bereits die einleitende Sinfonia auflädt, versteht er mit seiner Academia Montis Regalis über die gesamte Aufführungsdauer aufrecht zu erhalten. Unter seiner Stabführung wird deutlich, wieso Pergolesi durchaus als Reformer gelten darf. Die beiden letzten Nummer des ersten Aktes, die Schlummerarie „Mentre dormi“ und das Duett „Ne´ giorni tuoi felici“, oder auch Megacles Arie „Se cerca, se dice“ (2. Akt) befreien sich aus der Konvention, beginnen die Figuren als Persönlichkeiten ernst zu nehmen und das dramatische Geschehen innerhalb der einzelnen Stücke musikalisch so zu entwickeln, dass die Tür in Richtung späterer Reformansätze á la Gluck & Co. bereits ein Stück weit aufgestoßen wird. Dazu tragen auch neue harmonische Wendungen bei, die 1735 neben anderen Faktoren durchaus den Misserfolg der Uraufführung mit bewirkt haben könnten. Zuviel Neues wurde vom Publikum selten goutiert. Umso mehr aber können wir heute mit Gewinn diese Oper wiederentdecken, zumal die Sängerriege durchweg eine gute bis ausgezeichnete Leistung abliefert. Besonders eindringlich fällt dabei die Darbietung von Yetzabel Arias Fernández aus, aber auch Lyubov Petrova und Jennifer Rivera erweisen sich als koloratursicher und ausdrucksstark. Bemerkenswert sind die Auftritte von Raúl Giménez, der dem Clistene imperialen Glanz verleiht, indem er den Gesang in Anlehnung an monteverdi´sche Tradition stark von der Deklamation her anlegt, was den barocken Formeln eine selten zu hörende Überzeugungskraft und schauspielhafte Züge verleiht.



Sven Kerkhoff

Besetzung

Raúl Giménez: Clistene
Lyubov Petrova: Aristea
Yetzabel Arias Fernández: Argene
Jennifer Rivera: Licida
Sofia Soloviy: Megacle
Antonio Lozano: Aminta
Milena Storti: Alcandro

Academia Montis Regalis

Alessandro De Marchi: Ltg.

Italo Nunziata: Regie
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