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Ouvertures pittoresques
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 17.1.2013 (BIS / KlassikCenter Kassel / SACD hybrid / 2012 / Best. Nr. BIS-1979) Gesamtspielzeit: 77:12 Internet: Arte dei Suonatori |
ALLHEILMITTEL
Der Titel dieser SACD ist ein wenig irreführend, denn als “Ouvertures pittoresques“ können eigentlich nur zwei der Werke gelten, nämlich die sog. Völker-Ouvertüre TWV 55:B5 und die „Ouverture, jointes d’une Suite tragi-comique”. Während erstere Nationen musikalisch zu charakterisieren sucht, ist letztere besonders originell, da sie drei vermeintliche oder eingebildete Leiden samt der empfohlenen Heilmittel darstellt. Für den Gichtkranken soll demnach Hoffnung durch eine Kutschfahrt und einen Tanz bestehen, während dem Hypochonder allenfalls vorübergehende Besserung zuteil wird und der krankhaft eitle Geck am Schluss gar von den Furien gejagt wird, die womöglich eigentlich nichts anders sind als seine Trink-, Spiel- und Sexsucht. Telemann zeichnet all dies stets mit augenzwinkerndem Humor und musikalischer Raffinesse. Platte Tonmalerei ist ihm fremd, vielmehr geht es darum, die konventionelle Form durch geistreiche Themen und eine verbreiterte Stil- bzw. Effektpalette anzureichern. In diesem Sinne muss man auch die Vorliebe des Komponisten für fremdländische musikalische Einflüsse verstehen, unter denen es ihm vor allem die Weisen polnischer Volksmusikanten angetan hatten. Deren Spuren finden sich in den beiden kurzen „Concerti polonais“, die deutlich machen, wie geschickt Telemann das polnische Kolorit adaptiert und nutzbar macht, um in eleganter Einkleidung harmonische und rhythmische Überraschungen zu präsentieren. Ganz dem repräsentativen Zweck verpflichtet zeigt sich hingegen die festliche Ouvertüre D-Dur, deren Tanzsätze allerdings durch den Einschub einer kecken Harlequinade angereichert sind.
Das polnische Ensemble Arte dei Suonatori besticht unter der Leitung von Martin Gester durch einen unbekümmerten Ansatz, der den Witz und Esprit dieser Musik brillant zur Geltung bringt. Besonders schön gelingt dies in der Völker-Ouvertüre und der Ouvertüre TWV 55:D22, in welchen die Musiker es schaffen, Originalität und Bildhaftigkeit herauszuarbeiten, ohne durch ein allzu burleskes Agieren oder musikantische Mätzchen die telemann´sche Eleganz hintan zu stellen. Stets behält die Musik ihren Charme und einen festlichen Glanz, der durch das äußerst plastische Klangbild zusätzlich verstärkt wird.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1. Ouverture 6'39
2. Prélude. Très viste 1'04
3. Gigue 2'39
4. Menuet I / Menuet II 3'09
5. Harlequinade 2'34
6. Loure 2'42
7. Rondeau 1'18
8. Réjouissance 2'37
Ouverture in B flat major, TWV55:B5 (‘Völker-Ouvertüre’)
9. Ouverture 6'30
10. Menuet I / Menuet II. Doucement 3'31
11. Les Turcs 2'23
12. Les Suisses. Grave – Viste 1'44
13. Les Moscovites 1'32
14. Les Portugais. Grave – Viste 2'26
15. Les Boiteux 1'26
16. Les Coureurs 2'11
Concerto polonois in B flat major, TWV43:B3
17. Polonoise 2'07
18. Allegro 3'29
19. Largo 2'15
20. Allegro 0'59
Concerto polonois in G major, TWV43:G7
21. Allegro moderato 2'00
22. Allegro vivace 2'12
23. Largo 2'11
24. Allegro 1'48
Ouverture, jointes d’une Suite tragi-comique in D major, TWV55:D22
25. Ouverture 4'47
26. Le Podagre. Loure 2'09
27. Remède expérimenté: La Poste et la Dance. Menuet en Rondeau 0'59
28. L’hypocondre. Sarabande/Gigue 2'18
29. Remède: Souffrance héroïque. Marche 1'06
30. Le Petit-Maître 1'42
31. Remède: Petite-maison. Furies 1'02
Besetzung
Martin Gester: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |