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Au plus haut des cieux u. a.
Info
Musikrichtung:
Neue Musik Ensemble
VÖ: 15.11.2012 (Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2011 / Best. Nr. HMC 905268) Gesamtspielzeit: 65:06 |
BEZWINGENDER KLANGSINN
Dass sich Serialismus, Emotionalität und Spiritualität nicht ausschließen müssen, zeigt dieses Komponistenporträt mit vier Werken von Edison Denisov (1929-1996). In seiner polyphon verdichteten und zugleich eindringlich lyrischen und klangsinnlichen Musiksprache verschmilzt Denisov eine erweiterte Zwölftönigkeit mit einer sublimen, auf gewisse Weise sehr französischen Kunst der Orchestrierung. All seine Musik sei geistliche Musik, so Denisov. Diese Musik kreist nicht etwa um sich selbst, eingeschlossen in eine hermetische Konstruktion, sondern sie drückt sich aus und spricht zum Hörer. Das gilt gewissermaßen von Natur aus für die beiden Zyklen auf dichterische Vorlagen, die den Binnenteil des Programms bilden.
Der auf Worte Georges Batailles komponierte Liederzyklus Au plus haut des cieux ist ein Höhepunkt in Denisovs reifen Schaffen. Ein Kammerorchester erzeugt einen zart schillernden Klangraum, dessen farbliches Raffinement einem Debussy in nichts nachsteht. Darin eingewoben ist die Sopranstimme, die in diesem Fall von der Sängerin Brigitte Peyré stammt. Ihr gelingt eine rhetorische geschliffene Darbietung, trotz einer etwas kurzen und engen Höhe. Doch vermag Peyré daraus stimmige Ausdrucksnuancen zu gewinnen. Zwischen die vokalen Nummern hat Denisov kurze Interludien eingeschaltet, die ein Markenzeichen des Komponisten sind: bewegliche Cluster, die an das Wehen des Windes erinnern. Das Ensemble Orchestral Contemporain musiziert diese Abschnitten fein und luftig. Unter der Leitung von Daniel Kawka gewinnen auch die Cinq Romances d’Anna Akhmatova eine starke Präsenz. Hier gibt sich die Musik auf subtile Weise romantisch und tonal.
Ganz anders, nämlich bei allem Ausdruck abstrakter und komplexer, sind dagegen die Kammersinfonien Nr. 1 und 2. gearbeitet, die das Programm rahmen. Zwar ist auch hier der Satz von Luftigkeit und Transparenz gekennzeichnet, aber der zur Verfügung stehende Raum wird sehr dicht bespielt. Die Darstellung durch die Interpreten ist allerdings so plastisch, dass selbst die polyphon verschlungenen Texturen der 2. Kammersinfonie ganz selbstverständlich und musikalisch sinnig erscheinen. Und stets ist da Denisovs bezwingender Sinn für Klang und Farbe. Die Stimmigkeit der Musik kommt aus der Natürlichkeit, mit der die Form aus dem ausgehörten Klang entsteht und umgekehrt.
Georg Henkel
Trackliste
04-15 Au plus haut des cieux (1987)
16-20 Cinq romances d’Anna Akhmatova (1994)
21 Symphonie de chambre No. 2 (1994)
Besetzung
Ensemble Orchestral Contemporain
Daniel Kawka: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |