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Reviews

Pröve, B. E. G. (Pröve)

Elektronische Musik I


Info

Musikrichtung: Elektronische Musik

VÖ: 01.07.2004

(Composers Art Label / Zeitklang / Klassik Center Kassel
CD DDD/ Best. Nr. cal-13015)


Gesamtspielzeit: 74:56

Internet:

Homepage Bernfried E. G. Pröve

IM INNEREN DES KLANGS

ELEKTROAKUSTISCHE ALCHIMIE

"Komponieren heißt für mich: Den brodelnden Klangekstasen, pulsierenden Rhythmen, die ich innerlich wahrnehme, lustvoll und extrem differenziert eine stringent-logische Form zu geben. Und damit: Den Zuhörer in eine rauschhaft-sinnliche Klangwelt zu entführen und seine subjektive Zeit- und Klangempfindung in immer neuer Weise zu beleben."

Die elektronische Musik von Bernfried E. G. Pröve (*1963) erforscht das Innere des Klangs. Ein echtes Hörabenteuer: Es entstehen abstrakte Landschaften, Bilder, Körper und Räume. Gerade weil Vertrautes - z. B. Klavier- oder Saxophonklänge - und fremdartige synthetische Klänge aus der elektroakustischen Alchemistenküche gemeinsam erklingen, sind die Stücke für eine Vielzahl von Assoziationen offen.
In den hier vorgestellten Kompositionen, die in den Jahren 1987-2003 entstanden, kombiniert Pröve akustische Instrumente, elektronische oder elektronisch verfremdete Klänge oder Zuspielbänder. Das sind zunächst ganz verschiedene Klangsphären, die man hier aber weniger als Mit- oder Gegeneinander von ganz unterschiedlichem Material wahrnimmt, sondern als Differenzierungen oder Spiegelungen innerhalb eines einzigen, streng gefassten Klanggeschehens.
Dadurch bleibt trotz der schier unendlichen Möglichkeiten elektronischer Klangerzeugung und -manipulation die Integrität der einzelnen Stücke gewahrt, die sich nicht in die Beliebigkeit und Klischees wohlig wabernder Ambiente-Klänge auflösen.

KLANGRÄUME - KLANBÄNDER - KLANGSKULPTUREN

Gleich das erste Stück The Wind-Machine für Bassklarinette und Tonband nutzt die vielfältigen klangfarblichen Perspektiven von Windgeräuschen: Pfeifen, Hauchen, Heulen, Rauschen, Wispern, Kreischen, Säuseln … der „Gesang des Windes“ ertönt als eine Art „endlose Melodie“ in vielfältiger Brechung. Bei Dies-Transfiguration für Posaune und Tonband ist das Ausgangsmaterial der Grundton F; aus dem drauf aufgebauten Hauptakkord werden alle weiteren Tonbandklänge abgeleitet. In diesen Klangkörper „schreibt“ sich nun der klarer konturierte Posaunenpart wie eine Inschrift ein. Die früheste Komposition, aufsteigend-absteigend für Tonband, greift für ähnliche Klangtransformationen auf hohe Beckenklänge zurück.
Es-Trace für zwei Flöten und Elektronik arbeitet überdies mit Raumklangeffekten: ein Spieler steht vor, einer hinter dem Publikum (was bei der CD-Fassung etwas untergeht), ein vorproduziertes Tonband verbindet und spiegelt die beiden Pole. Die aufgereckte Zweiundreißigstel-Geste zu Beginn wirkt wie ein „Sprung“ in den Klang; das Stück entfaltet sich dann kaleidoskopartig in feinsten mikrotonalen Abschattierungen.
Vergleichbar operiert Pröve bei der Arietta für Flöte, Oboe, Horn und Elektronik. Der Grundton H wird gleichsam in Schwingungen versetzt, seine spektralen Bestandteile aufgebrochen und zu immer neuen Texturen zusammengesetzt. Der „körnige“ Hornklang bildet mit den kristallinen oder irisierende Flöten- und Oboentönen ein gärendes Klanggemisch. Gelegentliche Einwürfe von metallischen Zimbelklängen oder Rasselgeräuschen und einiger besonders tieffrequenter Tönen evozieren eine „orientalische“ Atmosphäre, man denkt an Tempelrituale oder Beschwörungen.
Elektronisch erzeugte Wind- und Meeresklänge eröffnen Les cloches transfigurées, bei dem dann ein normal und ein 1/16-tönig gestimmtes Klavier durch endlose rhythmische Tremoli die Illusion von Glockenklängen und ihrer endlosen Metamorphosen erzeugen.
Dass sich mit solchen Verfahren auch komplexer gegliederte, gestaltreiche „Großformen“ realisieren lassen, beweist die fünfzehnminütige Hommage à Satie für Saxophon, Klavier und Tonband, die auch an Freejazz erinnernde Teile einschließt, in denen das Thema Es - A- E (von „Satie“ abgeleitet) verarbeitet wird.



Georg Henkel

Besetzung

Volker Hemken, Bassklarinette
Isabelle Schnöller – Günther Westenberger, Flöte
Robert Aiken, Bassflöte
Christian Hartmann, Oboe
Michael Klamp, Horn
Bernfreid E. G. Pröve, Klaviere, Carillo
Mike Svoboda, Posaune
Vlady Bystrov, Saxophon

Ensemble Court Circuit:
Pierre Dutrieu, Klarinette
Jean-Marie Cottet, sordiertes Klavier
Jean Geoffroy, Schlagzeug
Antoine Ladrelle, Violoncello
Ltg. Pierre-André Valade
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