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Reviews

Lemper, Ute

Berlin Nights, Paris Days


Info

Musikrichtung: Chanson

VÖ: 23.8.2012

(ArkivMusic – Steinway & Sons / Note 1 / CD / 2012 / Best. Nr. 300009)

Gesamtspielzeit: 73:16

Internet:

Ute Lemper

AM ABGRUND

Ein Songbook aus den Jahren der Weimarer Republik, das ist das Grundkonzept von Ute Lempers neuem Album. Dennoch kommt dies ohne rein deutschen Schwerpunkt aus, sondern spannt den Bogen von Lateinamerika (Piazzolla) über Frankreich (Brel, Emer), Russland (Bogolovsky), Polen bzw. Israel (Alberstein) bis nach Berlin (Brecht/Weill, Eisler). Abbild einer kurzzeitigen Begeisterung für die Vielfalt der Welt, die bald von Nationalismus und Krieg abgelöst werden sollte. So manch bekanntes Werk ist dabei, doch Lemper ist zu klug, um eine Imitation der großen Vorbilder Marlene Dietrich oder Edith Piaf zu versuchen. Nichtsdestotrotz lebt auch ihre Deutung vom steten Changieren zwischen glamourösem Wohklang und agressiver Verruchtheit. Die Vielgesichtigkeit der Künstlerin ist dabei unverändert beeindruckend und so mancher Effekte mag fast eher dem Bereich der Stimmakrobatik zugerechnet werden.

Ein Abend mit Ute Lemper ist ein Abend mit ein bis zwei Dutzend Mitwirkenden: Der verliebten Träumerin, der alten Dame, dem Vamp, der verzweifelten Alkoholikerin, der Lebenslustigen u.v.a.m. Bisweilen überfrachtet dieser Facettenreichtum die Chansons, aber andererseits gerät die CD somit überraschend abwechslungsreich. Dies liegt nicht zuletzt auch an den Arrangements von Stefan Malzew: nicht überfeinert, aber doch so kunstvoll und intelligent, dass die Instrumentalbegleitung mal jazzig, mal höchst modern tönt und stets eigenständiges Gewicht erhält. Oft wird am Ende die Geschichte instrumental weitergesponnen. Dadurch sind die Chansons mehr als `nur` ein Blick zurück und immer schwingt in ihnen der Abgrund mit, auf den sich jene Epoche zubewegte - ein Titel wie „Über den Selbstmord“ legt davon beredt Zeugnis ab und wird bei Ute Lemper zur Schaudern machenden Geisterbahnfahrt. Alles andere als ein gemütliches, sondern ein mutiges, starkes und außerordentlich ambitioniertes Programm.



Sven Kerkhoff

Trackliste

1. Elle Fréquentait la Rue Pigalle
2. L'Accordéoniste
3. Surabaya Johnny & Die Moritat vom Mackie Messer
4. Der Graten
5. Über den Selbstmord
6. Ballade vom Wasserrad
7. La última grela
8. Oblivion
9. Yo Soy Maria
10. Temnaya Noch
11. Ikh stey unter a Bokserboym
12. Stiller Abend
13. Ne me quitte pas

Besetzung

Ute Lemper: Gesang

Vogler Quartet:
Tim Vogler: Violine
Frank Reinecke: Violine
Stefan Fehlandt: Viola
Stephan Forck: Cello

Stefan Malzew: Klavier, Akkordeon, Klarinette
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger