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Préludes I u. a.
Info
Musikrichtung:
Impressionismus Klavier
VÖ: 14.05.2012 (Hänssler Classic / Naxos / CD / DDD / 2011 / Best. Nr. 93.290) Gesamtspielzeit: 72:39 |
PLASTISCH
Gleich zwei vorzügliche, dabei ganz verschiedene Einspielungen mit Klavierwerken Claude Debussys lassen aufhorchen: Während Michael Korstick mit dem ersten Buch der Préludes sowie ausgewählten Spezialitäten und sogar Erstaufnahmen seine Einspielung sämtlicher Werke begonnen hat, beschränkt sich Alexei Lubimov auf die beiden Bände der Préludes, ergänzt um einige vierhändige Bearbeitungen von Orchesterwerken. Einmal abgesehen von dem unterschiedlichen programmatischen Ansatz - hier der Beginn einer enzyklopädischen Edition, dort die konzentrierte Auseinandersetzung mit Schlüsselwerken - eröffnen beide Einspielungen faszinierende interpretatorische Perspektiven.
Bei den Préludes liegt natürlich der Vergleich mit der klassischen Einspielung Arturo Benedetti Michelangelis nahe. Mit seinem hochverfeinerten, subtil sinnlichen und zugleich abstrakten Spiel markiert er in etwa die Mitte des interpretatorischen Spektrums. Auf einen Seite hin liegt der Akzent mehr auf den pittoresken und poetischen Momenten, auf der anderen mehr auf Klarheit und einer gewissen Intellektualität.
Was Lubimov und Korstick angeht, ist die Lust an der klangmalerischen Darstellung beiden zu eigen, ohne den programmatischen Aspekt überdeutlich in den Vordergrund zu rücken. Auch sie verstehen die Werke Debussys mehr als assoziative Resonanzräume. Doch wie Michael Korstick den Tänzerinnen von Delphi gleich im ersten Prélude einen gewissen ‚Hüftschwung‘ verleiht oder die Spuren im Schnee (6. Prélude) markant nachzeichnet, unterscheidet sich in seiner Plastizität doch deutlich von Michelangelis geradezu transzendenter Auffassung.
Korsticks Klangsinn geht aber nicht auf Kosten der Klarheit. Der Pedaleinsatz ist diskret, auch die vertracktesten Figurationen in den schnelleren Stücken verschmieren ihm nicht. Was seine Einspielung überdies sehr reizvoll macht, sind diverse Ersteinspielungen kleinerer, doch aparter Stücke wie dem Toomai des Eléphants. Und die Klavierversion von Khamma, eigentlich ein Ballett für eine kapriziöse Tänzerin (Debussy überlies die Orchesterversion schließlich entnervt Charles Koechlin). Korstick lässt auch hier auf dem Flügel orchestrale Farben entstehen; mit fast 20 Minuten ist das Stück allerdings ein ziemlicher Brocken und eine Unterteilung in Tracks entlang der Unterabschnitte wäre durchaus sinnvoll gewesen (das ausführliche Booklet weist diese Abschnitte allerdings genau aus).
Alexei Lubimov verwendet zwei historische Flügel: einen Bechstein von 1925 für den 1. Band der Préludes und eine Steinway von 1913 für den 2. Band. Diese ebenso luziden wie resonanzreichen Instrumente verleihen seiner differenzierten Darbietung ein besondere Aura. Das Schwebende, Mysteriöse und Schillernde stellt sich quasi von selbst ein; die älteren Instrumente bedürfen noch keiner speziellen pianistischen ‚Disziplinierung‘, der Klang entsteht - so scheint es zumindest - ganz natürlich und mühelos.
Und die Aufnahmetechnik ist außerordentlich gut - besser als bei der Hänssler-Produktion - so dass die feinen Farbspiele der beiden Klavier-Charakterdarsteller bestens zur Geltung kommen. Mit einer solchen dynamischen Bandbreite und fein gestuften Farb- und Artikulationspalette hat man das finale Feuerwerk (Band 2) nur selten gehört! Von wegen hypersensible impressionistische Zartheit: Hier wie an anderer Stelle kann Lubimov auch in den Bassregistern kraftvoll zulangen, ohne dass die Musik vom schwarzsamtigen Nachklang zugedeckt wird.
Auch bei den vierhändigen Klavierfassungen (am zweiten Instrument: Alexei Zuev) sorgt Transparenz der Instrumente für überraschende Einsichten: So überaus tiefenscharf und dabei atmosphärisch klingen das berühmte Prélude à l’après-midi d’un faune sowie die Tois Nocturnes hier. Wieder einmal scheint das Wort vom unaufhaltsamen Fortschritt widerlegt: Nicht nur dass Beethoven und Chopin von den zeitgenössischen Instrumenten profitieren; auch im 20. Jahrhundert gibt es bemerkenswerte Qualitätsunterschiede zwischen den Instrumenten, was das interpretatorische Spektrum auch hier glücklich bereichert.
Georg Henkel
Trackliste
13 Les soirs illuminés par l'ardeur du charbon
14 Khamma
15 Intermède
16 Toomai des Eléphants
17 Petite valse
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |