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Mahler, G. (Brown)

Sinfonie Nr. 9

Info Musikrichtung: Romantik Orchester VÖ: 01.02.2012 (Pan Classics / Note 1 / SACD / live 2011 / Best. Nr. PC 10262) Gesamtspielzeit: 79:53

Der bislang eher als Wagner- und Strauss-Dirigent hervorgetretene Justin Brown und die Badische Staatskapelle Karlsruhe bereichern die Mahler-Diskographie um eine in allen Belangen überzeugende Einspielung der 9. Sinfonie.
Mahlers Form- und Orchestrierungswunder tritt in der luziden SACD-Aufnahme überaus plastisch hervor. Die aus drei Live-Mitschnitten kreierte Version erweckt überhaupt nicht den Eindruck, als seien dort beste Stellen zusammengefügt worden; dem Produktionsteam ist es gelungen, eine ausgereifte Wiedergabe ‚aus einem Guss‘ vorzulegen, die bezwingend dicht und stringent ist und in der auch die eine oder andere live-bedingte Rauigkeit stimmig wirkt.

Der erste Satz, wohl der herrlichste und passionierteste Liebesgesang auf das Leben, den Mahler komponiert hat, packt durch die von Brown und seinen Musiker spannungsvoll inszenierte Instabilität der Architektur: ein Symbol für ein Leben am Abgrund und die Nähe des Todes. Da werden vom Komponisten durch die bis an die Grenzen getriebene sinfonische Tektonik Klangblöcke über-, unter- und ineinander geschoben und zugleich gelingt es den Musikern, die gleichzeitig vorhandene Zartheit und Fragilität in diesem Spiel bewusst zu halten: spannungsvolles Musizieren ohne jede Kraftmeierei. Dieses Gespür für die Vieldeutigkeiten der Musik kennzeichnet auch die herzhafte Ländler-Parodie des 2. Satzes, die in dieser Einspielung auf Stravinsky vorausweist. Auch der gallige Spott der Rondo-Burleske sitzt, der Tumult bleibt immer musikalisch. Ergreifend das Finale: Brown lässt diesen Satz sich aussingen, vor allem die kammermusikalischen Inseln bekommen Luft und Raum, um sich zu entfalten. Trotzdem verschleppen die Musiker die Tempi nicht. Alles strebt auf den Abgesang zu, der hier kein resignatives Ergeben in den Tod, sondern ein ungemein friedliches Einswerden mit dem Moment ist: statt Totenklage eine Transzendierung des Lebens und des Todes!

Georg Henkel