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Reviews

Fiocco, J.H. (Luks)

Lamentationes hebdomadae sacrae


Info

Musikrichtung: Barock

VÖ: 01.06.2004

assai / Note 1 (CD DDD (AD: 2003) / Best. Nr. 222532)

Gesamtspielzeit: 55:56

ERGREIFENDE INNIGKEIT UND VERINNERLICHUNG

Die Vertonung der Lamentationes, also der alttestamentlichen Klagelieder des Propheten Jeremia, in der Karwoche hat eine lange liturgische Tradition. Über Jahrhunderte haben die eindringlich zur Buße und Umkehr mahnenden Texte die Komponisten inspiriert. Zu ihnen zählt auch Joseph Hector Fiocco (1703-1741), der in Brüssel und Antwerpen wirkte. Fiocco, Sohn eines aus Venedig stammenden Musikers, pflegte einen deutlich vom italienischen Geschmack geprägten Stil. In seinen Lamentationes wird dementsprechend eine gewisse Nähe etwa zur Tonsprache Pergolesis erkennbar. Mit ihm gemein hat er insbesondere die Konzentration auf eine weiche, zugleich aber ausdrucksstarke melodische Linie in der Solostimme. Seine ganze Kunstfertigkeit zeigt sich in der melismatischen Umsetzung der auch in der Übersetzung des hebräischen Urtextes erhalten gebliebenen Nennung der hebräischen Anfangsbuchstaben jedes Verses ("Aleph / Beth / Ghimel" usw.). Wie die Initialen in der mittelalterlichen Buchmalerei werden diese (textlich bedeutungslosen) Worte musikalisch reichhaltig ausgeschmückt. Im übrigen findet der Text zumeist eine syllabische Vertonung in schlichten, schwebenden Melodilinien. Dabei ist die Musik indes keineswegs ausdrucksarm. Die Affekte werden aber zurückhaltend gezeichnet, so dass die Stücke ihre Kraft gerade aus der Verinnerlichung schöpfen.

Dazu trägt auch die kleine Besetzung bei: Die Lamentationes sind durchweg für nur eine Sopran- bzw. Baritonstimme geschrieben, die von einer oder zwei (äußerst wirkungsvoll gesetzten) Violoncellostimmen begleitet und umspielt wird. Hinzu tritt die übliche Continuo-Gruppe. Damit gewinnen die Werke einen intimen und durch die Verwendung des Cellos auch verschatteten Charakter.

Feinsinnig und delikat gehen die Mitwirkenden diese bewegende, anrührende Musik an. Greta De Reyghere brilliert mit einer unverändert jung wirkenden Sopranstimme. Gut dosiert weiß sie diese mal zurückzunehmen, mal kraftvoll oder nahezu opernhaft einzusetzen. Dabei kultiviert sie unaufdringlich eine konsequente Textausdeutung.
Nicht weniger kunstvoll geht der Bariton Jan Van Der Crabben zu Werke, der allerdings nur in der letzten hier eingespielten Lamentatio zum Einsatz kommt. Mehr noch als De Reyghere stellt er den klagenden, mahnenden Aspekt stimmlich in den Vordergrund.

Nicht hoch genug zu loben ist das virtuose, differenzierte Spiel Thomas Luks´, der am Cello der Versuchung widersteht, sich trotz allen Könnens in den Vordergrund zu drängen. Auch die übrigen Mitglieder der Groupe C gehen engagiert und technisch souverän zu Werke.
Das klare, mit nur leichtem Hall versehen Klangbild tut ein übriges, um diese Aufnahme zu einem echten Leckerbissen zu machen. Natürlich verlangt derartige Musik dem Hörer einiges an Disziplin ab, aber das Sich-Einhören, das Eintauchen in diese feinsinnige musikalische Welt wird reich belohnt.



Sven Kerkhoff

Trackliste

1-5 Première lamentation du Jeudi Saint
6-11 Seconde lamentation du Jeudi Saint
12-13 Première lamentation du Vendredi Saint
14-19 Deuxième lamentation du Vendredi Saint
20-24 Trosième lamentation du Vendredi Saint

Besetzung

Greta De Reyghere, Sopran
Jan Van Der Crabben, Bariton

Groupe C:
Elena Andreyev, Cello
Manuel de Grange, Laute/Theorbe
Alain De Rijckere, Fagott
Gery Cambier, Bratsche
Ewald Demeyere, Orgelpositiv

Thomas Luks, Cello und Ltg.
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