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Reviews

Liszt, F. (Jandó)

Klaviermusik von Franz Liszt auf Instrumenten des Budapester Liszt Ferenc Museums


Info

Musikrichtung: Klavier

VÖ: 14.05.2004

Hungaroton / Klassik Center Kassel
CD DDD (AD 1994) / Best. Nr. HCD 31176


Gesamtspielzeit: 58:56

BLICK IN DIE WERKSTATT: LISZT-KURIOSITÄTEN

Einen historischen Blick zurück in die kompositorische Werkstatt von Franz Liszt eröffnet der ungarische Pianist Jenö Jandó auf dieser Produktion. Es erklingen diverse Instrumente aus der Sammlung des Budapester Liszt Ferenc Museums, die ursprünglich dem Komponisten und überragenden Klaviervirtuosen gehörten.

Bei den beiden Flügeln der Firma Chickering von 1867 (ein auf der Weltausstellung in Paris prämiertes und später Liszt geschenktes Exemplar) und 1879/80 (für den berühmten Pianisten eigens angefertigt) handelt es sich mehr oder weniger um „normale“ Klaviere; gleiches gilt für den Bösendorfer-Stutzflügel (um 1873).
Beim 1867er Chickering-Modell besticht der quecksilbrige Diskant-Klang, der den flirrenden Läufen in der rechten Hand besondere Brillanz verleiht. Allerdings hört man ihm sein Alter wegen einiger scheppernder Resonanzen eher an als dem Instrument von 1879/80, das - bei insgesamt leichterem, transparenten Klang und funkelnder Höhe - schon mehr nach modernem Steinway klingt.
Das Besondere an den Chickering-Klavieren ist (oder besser: war) der seinerzeit noch neuartige gusseiserne Rahmen, der eine höhere Saitenspannung und damit größere Intonationssicherheit und Lautstärke ermöglichte. Entsprechend hat Jandó diesen beiden Instrumenten die handfesteren Virtuosen-Stücke vorbehalten, z. B. den Mephisto-Walzer Nr. 1 oder die Ungarische Rhapsodie No. 6.
Der altersbedingt sehr angegriffene, stumpfe Klang des Stutzflügels Marke Bösendorfer kommt dagegen beim ausgewählten zarten Wiegenlied anrührend zur Geltung.

Kurioser nehmen sich die vier verbleibenden Instrumente aus, die wegen ihrer sehr speziellen Eigenschaften meistens nur mit einem Stück vorgestellt werden. Z. B. der in den Schreibtisch des Komponisten eingebaute Miniatur-Bösendorfer, der sich mit seinem gnomenhaften Zirpen für kaum mehr als die Erprobung von Fingersätzen oder eines musikalischen Einfalls geeignet haben dürfte. Das blitzkurze Caroussel de Madame P-N/a, das bei Jandó abschnurrt wie eine Spieldose, ist da genau die richtige Wahl. Weihnachtliches (z. B. Die Hirten an der Krippe S. 186/3; Adeste fidelis) wird dagegen auf dem glockenzarten Glas Piano und dem Register-Mix des Pianino Harmoniums dargeboten. Mit sonoren Orgelbässen wartet dagegen das ausgewachsene Harmonium von Mason und Hamlin auf.

Das alles ist natürlich auch von musikalischem Interesse, zumal Jenö Jandó die Musik trotz der gewiss nicht immer einfach zu handhabenden Antiquitäten tadellos darbietet und den Klangcharakter der Instrumente überzeugend in seine Interpretationen einbezieht.
Mehr noch fasziniert hingegen das Wissen, dass Liszt auf bzw. an diesen für moderne Ohren „unvollkommenen“ Instrumenten seine für damalige Ohren kühne, fingerbrecherische „Zukunftsmusik“ erdacht und gespielt hat. Zeitgenössische Interpretationen können von dieser Hörerfahrung eigentlich nur profitieren. Das Donnern und Rauschen heutiger High-Tech-Instrumente, die kaum an ihre mechanischen und dynamischen Grenzen kommen, scheint auch beim Klaviertitanen Liszt nicht automatisch zum besten und überzeugendsten Ergebnis zu führen …



Georg Henkel

Trackliste

1Mephisto-Walzer Nr. 1 s. 51410:15
2Funérailles S. 173/710:37
3Romance oubliée S. 5373:19
4En réve S. 2071:58
5Ungarische Rhapsodie Nr. 6 S. 244/67:32
6Liebesträume Nr. 3 S. 541/34:14
7Erste Elegie S. 1964:39
8Wiegenlied S. 1982:40
9Caroussel de Madame P-N S. 214/a0:51
10Die Hirten an der Krippe S. 186/32:50
11Scherzoso S. 186/52:13
12Adeste fidelis S. 186/44:33
13Consolation Nr. 4 Des-Dur s. 172/43:15

Besetzung

Jenö Jandó, Klaviere - Glas Piano - Piano Harmonium - Harmonium
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