Reviews
Live im Rockpalast (Blues Rock Legends Vol. 3) (DVD)
Info
Musikrichtung:
Blues Rock
VÖ: 25.02.2011 (1979) (WDR / MiG / Intergroove) Gesamtspielzeit: 122:00 |
Grandios! Wenn ich es richtig sehe, spielt Johnny Winter nur Cover-Versionen, und zwar genau die, die jeder zweite Gemeinschaftskundelehrer mit Hobby-Band auf dem Schulfest spielt. Aber wenn der fast blinde Johnny Winter die Finger in die Saiten schiebt, klingt alles wie ein Original, das eigentlich von niemand anderem gespielt werden darf.
In seinen Ansagen wirkt das Albino skurril und leicht desorientiert, aber wenn die Stimme schweigt und die Gitarre singt, beherrscht der Mann die mit 10.000 Zuschauern zum ersten Mal bei einem Rockpalast-Festival restlos ausverkaufte Grugahalle auch noch mit dem klein Finger - egal ob Blues-Klassiker oder Rock’n’Roll-Evergreens auf dem Programm stehen. Und dass 3-Minüter zu Viertelstunden-Orgien ausgebaut werden, langweilt zu keinem Zeitpunkt.
Das stark verkürzte Line Up verrät einiges nicht. Zum einen hört - und sieht man - mehrfach für einige Takte eine hagere Klarinettistin, die sich einfach so in Johnny Winters Auftritt mischt. Es ist Patti Smith, die direkt vor ihm das zweite Konzert des Festivals bestritten hatte.
Und trotz seines legendären Rufs, ist der Held des Abends auch zum Rollentausch bereit. Für zwei Stücke steht Jon Paris mit Gitarre und Gesang im Mittelpunkt und wird von Winter am Bass begeleitet.
Grundsätzlich ziehe ich Live-CDs ja den -DVDs zu. Aber in diesem Fall lohnt die DVD sich, denn während des Konzertes spilete sich eines der merkwürdigsten Drum-Soli aller Zeiten ab, was man nur sehen, aber nicht hören kann. Etwas blass beginnend lässt sich Bob Torello im Laufe seiner Solo-Präsens zu diversem Jokus herab. Völlig schräg wird es als er sein Kit verlässt, in der Hocke über die Bühne flitzt und dabei mit seinen Stocks den Boden bearbeitet. Mangels abnehmender Mikros hört das natürlich niemand. Aber die Halle steht Kopf.
(Für sein Bühnenoutfit hätte man Torello allerdings standrechtlich erschießen müssen.)
Es lag sicher nicht nur an Winter, aber von diesem Tag an, war der Rockpalast ein anderer. Die folgenden Festivals waren jeweils ausverkauft, bevor(!) überhaupt bekannt war, welche Bands spielen werden.
Peter Rüchel und Co hatten bewiesen, dass sie sowohl bei der Bandauswahl, als auch bei der Durchführung der Festivals ein mehr als Fan-freundliches Event bieten würden.
Wo wäre das (heute) möglich?: Der Macher eines logistischen Mammutunternehmens, wie eines mehrstündigen komplett live übertragenen Rock-Festivals, wird kurz vor dem Auftritt vom Tourmanager eines seiner Acts gefragt, der sich gerade die Aufzeichnung eines Rockpalas-Konzertes seines Idols Muddy Waters angesehen hatte, ob er statt 80 Minuten auch zwei Stunden spielen dürfe, und gibt die trockene Antwort „Okay, lass ihn“, obwohl es zu diesem Zeitpunkt schon weit nach Mitternacht ist.
Aber der Rockpalast hatte sich einen Status erkämpft, der es möglich machte, statt bis 2 Uhr morgens, auch bis halb drei, drei, oder länger zu senden.
Trackliste
1 | Hideaway | 11:38 |
2 | Messin’ with the Kid | 8:11 |
3 | Walking by myself | 9:06 |
4 | Mississippi Blues | 17:39 |
5 | Divin’ Duck | 7:30 |
6 | Johnny B. Goode | 6:50 |
7 | Suzie Q | 13:36 |
8 | Drum Solo | 10:10 |
9 | I’m ready | 5:48 |
10 | Rockabilly Boogie | 7:44 |
11 | Medley | 16:19 |
12 | Jumpin’ Jack Flash | 7:40 |
Besetzung
Jon Paris (B)
Bob Torello (Dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |