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Sinfonie d-moll
Info
Musikrichtung:
Spätromantik
VÖ: 29.8.2011 (Naxos / Naxos / CD / DDD / 2009 / Best. Nr. 8.572312) Gesamtspielzeit: 66:47 Internet: Bournemouth Symphony Orchestra |
ENTDECKUNG
Wenn es das Label Naxos nicht gäbe, man müsste es erfinden: Wer sonst würde derart konsequent auch noch die abseitigsten Seitenpfade der Musikgeschichte beschreiten und nach Neuentdeckungen durchforsten? Ludvig Irgens-Jensens (1994-1969) Sinfonie d-moll darf als eine solche Entdeckung gelten. Entstanden zur Zeit der deutschen Besatzung der norwegischen Heimat des Komponisten beschwört sie mit suggestiver Kraft düstere Welten herauf. Eine pessimistische Weltsicht und ein ebensolches Menschenbild, das Irgend-Jensen wohl nicht nur zu Kriegszeiten eigen war, findet hier eine musikalische Entsprechung, so wie es auch in den Gedichten des Norwegers seinen Niederschlag gefunden hat. Die Tonsprache, derer er sich dabei bedient, steht in der Nachfolge Bruckners und Mahlers, greift aber auch strenge, traditionelle musikalische Formen zurück. Irgens-Jensens Bewunderung für Bach und Palestrina werden hier deshalb gleichfalls erfahrbar, was seiner Musik einen Zug ins Klassizistische verleiht. Und obwohl er niemals ein Kompositionsstudium absolviert, sondern eigentlich eine pianistische Ausbildung genossen hatte, ist die Frucht dieser Beschäftigung mit den Vorbildern keine epigonale oder eklektizistische Musik, sondern ein ganz eigener Tonfall. Die evozierte Atmosphäre verdichtet sich dabei zu nahezu zwingend zu assoziierenden Bildern, mancher Moment bekommt filmmusikalische Züge. Erfreulich ist, dass die dreisätzige Orginalversion eingespielt wurde. Da seine Landsleute deren pessimistischen, teils brachial unbarmherzigen dritten Satz in der Nachkriegszeit nicht zu schätzen wusste, strich Irgens-Jensen diesen Schlusssatz später und ließ das Werk mit dem zweiten Satz enden, der in einer merkwürdig strahlenden Apotheose gipfelt, die sich im Gesamtkontext wie ein Fremdkörper ausnimmt und daher die Sinfonie kaum zu einem überzeugenden Ende führt. Dass der dritte Satz geradezu einen Rückfall in schon überwunden geglaubte Düsternis beinhaltet, macht seine Darbietung um so zwingender.
Beigegeben sind dem ganzen zwei kleinere Werke, darunter die damals auch international recht erfolgreiche Passacaglia von 1959, in deren Variationen Irgens-Jensens sowohl sein satztechnisches Talent, als auch seinen Erfindungsreichtum unter Beweis stellt.
Dass man sich die Akustik der Aufnahme weiträumiger und den Zugriff des Bournemouth Symphony Orchestra teils entschlossener gewünscht hätte, tut dem Wert dieser den Katalog bereichernden Einspielung keinen nachhaltigen Abbruch.
Sven Kerkhoff
Trackliste
4 Air 02:42
5 Passacaglia 20:05
Besetzung
Bjarne Engeset: Ltg
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |