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Musikrichtung:
Barock Chor
VÖ: 23.09.2011 (Virgin Classics / EMI / CD / DDD / 2010 / Best. Nr. 50999 0709072 1) Gesamtspielzeit: 56:10 |
GLANZVOLLER SPÄTBAROCK
Diese CD kann beim Hören ein doppeltes Seufzen entlocken: einmal wegen der Schönheit der Musik und der Qualität der Aufführung, ein anderes Mal, weil Les Arts Florissants offenbar bei keinem Plattenlabel mehr einen Exklusivvertrag hat.
Nach längerer CD-Produktionspause erscheint nun ein Konzertmitschnitt mit spätbarocker Passionsmusik bei Virgin Classics. Dort hatte das renommierte französische Ensemble noch vor einigen Jahren eine Reihe von bemerkenswerten Aufnahmen herausgebracht. Seitdem gab es vor allem Opern-DVDs bei diversen Labeln (u. a. Dynamic, Opus Arte). Doch auch ein freies Online-Angebot unter www.artsflomedia.com kann nicht so recht dafür entschädigen, dass es kaum noch klassische Studioaufnahmen der von William Christie vor über dreißig Jahren gegründeten Formation gibt.
Übrigens stand William Christie bei diesem Konzert nicht selbst am Pult, sondern der Tenor Paul Agnew. Mit Agnew verbindet Christie seit zwanzig Jahren eine enge Zusammenarbeit. Mittlerweile leitet der Sänger schon seit mehreren Saisons eigene Konzerte und ist offenbar als Christies Nachfolger ausersehen. Offenbar eine glückliche Entscheidung: Wie immer besticht der warme, volle Klang des Chores von „Les Arts Florissants“, der bei dem ausgewählten Repertoire in allen Farben erblühen und leuchten darf. Dazu kommt die vorbildliche Textverständlichkeit.
Die vielstimmigen Motetten der Herren Scarlatti, Lotti, Legrenzi, Caldara und Leo verbinden die Satztechniken der Spätrenaissance mit spätbarockem Ausdruck. Nur von einem Continuoensemble begleitet, inszenieren die acht-, zehn- oder gar sechzehnstimmigen Chorwerke barocke Passionsfrömmigkeit mit chromatisch geschärfter Affekt-Inbrunst. Konservativer Fortschritt also, der das Beste des alten und des neuen Stils miteinander verbindet. Intensiv werden die betörend schönen Dissonanzen vom Chor ausgesungen; dichte kontrapunktische Passagen und gelegentliche Soli gelingen im Ansatz präzise, klingen leicht und mühelos. Durch diese Verbindung von Expressivität und Ruhe wirkt die Musik gleichermaßen erhaben und intim. So vermag sie, die Zuhörenden auch heute noch tief zu berühren.
Im Beiheft zu dieser Produktion entschuldigt sich Agnew für etwaige kleine Mängel, die bei einer Live-Produktion kaum vermeidlich seien. Eine bestimmte Ausdrucksqualität sei eben nicht im Studio, sondern nur live zu erreichen.
Georg Henkel
Trackliste
1 | Domenico Scarlatti: Stabat Mater a 10 | 23:10 |
2 | Antonio Lotti: Crucifixus a 10 | 2:35 |
3 | Giovanni Legrenzi: Quam anarum est, Maria | 5:11 |
4 | Antonio Caldara: Crucifixus a 16 | 4:01 |
5 | Leonardo Leo: Misere a due cori | 18:32 |
6 | Antionio Lotti: Crucifixus a 8 | 2:41 |
Besetzung
Paul Agnew: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |