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Risonanze erranti. Post-prae-ludium per Donau
Info
Musikrichtung:
Neue Musik Ensemble
VÖ: 15.09.2011 (Neos / Codaex / SACD hybrid / 2010 / Best. Nr. NEOS 11119) Gesamtspielzeit: 53:57 |
RAUM AUS KLANG
Der mikroskopische Blick in die Tiefe des Klangs prägt das Spätwerk von Luigi Nono (+ 1992). Möglich geworden waren derlei Erkundungen durch die computergestützte live-elektronische Klangmanipulationen. Auf der vorliegenden CD wurde die Musik durch das Experimentalstudio des SWR realisiert, mit dem Nono schon in den 1980er Jahren eng zusammengearbeitet hat.
In dem 1986/87 entstandenen Risonanze erranti, das nun erstmals eingespielt wurde, setzt Nono einen tiefen Alt, eine Flöte und Tuba gegen ein Ensemble von fünf Schlagzeugern, wobei die Grundfarben über die Dauer des Ganzen Stückes klar identifizierbar bleiben. Dabei werden die durch Spieltechniken und Elektronik transformierten „Atemklänge“ von Singstimme und Bläsern mit oft harten, rhythmisch pointierten Einwürfen konfrontiert, die klare Zäsuren setzten.
Die Textur ist, wie meistens in Nonos Spätwerk, extrem reich in der Ausschöpfung von Klangfarben, dabei zugleich sehr ausgedünnt und fragmentiert. Einzelne Klangereignisse manifestieren sich für einen Augenblick, schweben im Raum, wandern umher, nehmen einen flüchtigen Kontakt mit anderen Elementen auf, um dann wieder in die Stille des Raumes hinein zu verklingen. Eine hintergründige Balance sorgt dafür, dass dieses Spiel irrender Resonanzen nicht auseinanderfällt. Trotz der relativ offenen Architektur entsteht eine Atmosphäre von ritualhafter Strenge, die Assoziationen an asiatisches Theater weckt, wobei die Klänge wie Personen auf- und abtreten.
Unterstützt wird dieser dramatische Eindruck durch die Expressivität, die Nono zu erzeugen versteht, indem er heftige Forte-Ausbrüche in Klangereignisse an der Schwelle zur Stille einbettet. Außerdem integriert er Bruchstücke polyphoner Renaissance-Kompositionen in die Musik. Diese 'zerbrochenen Schönheiten' sorgen immer wieder für die vertraute rhetorische oder gestische Anmutung verlorener Belcanto-Welten.
Wesentlich abstrakter wirkt das 1987 entstandene Post-prae-ludium per Donau. Nono konzentriert sich hier auf die Tuba, deren elektronische Transformation sehr weitgehend ist. Ob es sich um Instrumental- oder Naturklänge oder gar menschlichen Gesang handelt, ist nicht immer mit Bestimmtheit zu sagen. Aus den Volumen und Schichtungen des Klangs formt Nono einen eigenen Klangraum, der in maritime Tiefen oder kosmische Weiten hineinzulauschen scheint. Am Ende verzehrt sich die Musik selbst in einem geheimnisvollen spektralen Leuchten.
Die Interpretationen durch das Ensemble Experimental, Les Percussions de Strasbourg und die Tontechniker des Experimentalstudios des SWR sind in ihrer Verbindung von ausdrucksvoller Strenge und sinnlicher Abstraktion mustergültig.
Georg Henkel
Trackliste
02 Post-prae-ludium per Donau (1987) 13:39
Besetzung
Susanne Otto, contralto
Roberto Fabbriciani, flute
Klaus Burger, tuba
Les Percussions de Strasbourg
Jean-Paul Bernard, Bernard Lesage, François Papirer
Keiko Nakamura, Olaf Tzschoppe
EXPERIMENTALSTUDIO des SWR
Sound direction & music computing:
Reinhold Braig, Joachim Haas, Gregorio Karman
Supervisor: André Richard
Detlef Heusinger, conductor
Klaus Burger, tuba
EXPERIMENTALSTUDIO des SWR
Sound direction & music computing: Michael Acker, Joachim Haas
Supervisor: André Richard
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
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