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A Meeting Place. Mittelalterliche und Renaissance-Musik für Laute und Ud
Info
Musikrichtung:
Mittelalter / Renaissance Ensemble
VÖ: 26.04.2011 (Sono Luminus / Naoxs / CD / DDD / 2010 / Best. Nr. DSL-92133) Gesamtspielzeit: 50:05 |
SCHNITTPUNKTE ZWISCHEN ORIENT UND OKZIDENT
Der Meeting Place, der dieser Platte den Titel verleiht, liegt irgendwo zwischen Orient und Okzident. Hier begegnen sich der Lautenist August Denhard und der Ud-Spieler Münir Nurettin Beken. Sie spüren in ihrem Programm mit Stücken des Mittelalters und der Renaissance den Wurzeln der abendländischen Musik nach, die sich tief ins Morgenländische hinein verlieren. Die Ud ist nämlich die Ahnin der europäischen Laute; beide Instrumente unterscheiden sich durch ihren Klangcharakter, der vor allem auf der unterschiedlichen Spieltechnik beruht. Die eher weich timbrierten Lautenklänge werden mit Fingerspiel erzeugt, die würzigen Obertonspektren der Ud beruhen darauf, dass die Saiten mit einem Plektrum angerissen werden. Die charaktervolle Ud ist ein Instrument für monodisches Spiel, während sich die diskretere Laute den Erfordernissen der abendländischen Mehrstimmigkeit angepasst hat, die auf eine gewisse Homogenität Wert legt.
Auf dieser Aufnahme werden beide Instrumente nach Jahrhunderten der Trennung wieder vereinigt. Um ein geeignetes Repertoire für das Programm zu gewinnen, haben die Interpreten Bekannteres neben anderen, unbekannten Stückchen aus verschiedenen Manuskripten ausgewählt. Gleich zu Beginn hört man das notorische „Greensleeves“. Viele mittelalterliche Instrumental-Kompositionen wurden aus der norditalienischen Handschrift Nr. 29987 entnommen, die heute in der British Library aufbewahrt wird und ohne die keine instrumentale Mittelalter-CD auskommt. Durch die Mischung der Instrumente bekommt die westliche Musik ein herbes orientalisches Kolorit, die z. B. das „Lamento da Tristano“ oder eine „Saltarello“ aus dem besagten Manuskript plötzlich sehr fremd klingen lässt. Im Fall eines Stückes von Jacopo da Bologna aus dem Codex Faenza wirkt die Ud dagegen fast wie ein Cembalo, das die Laute continuo-mäßig begleitet. Insgesamt erscheint die Kombination bei den älteren mittelalterlichen Stücken, die per se archaischer klingen, am natürlichsten. Bei den jüngeren Kompositionen tritt dagegen der konzertante Charakter stärker in den Vordergrund, wobei es reizvoll ist, wie die beiden Instrumente jeweils versuchen, die Farbe des jeweils anderen zu imitieren (so bei einer Komposition von Joanambrosio Dalza vom Beginn des 16. Jahrhundert).
Ein exotisches Finale rundet die Scheibe ab: das letzte Stück, „Buselik Saz Semaisi“ beruht auf einer mittelalterlichen türkischen Melodie, stammt aber aus dem Jahre 1972 und wirkt trotz manch eigenwilliger Modulation recht westeuropäisch. Leider ist dies der einzige Blick in den Orient auf dieser CD ...
Das Klangbild ist direkt und voll, fast schon etwas wuchtig.
Georg Henkel
Besetzung
August Denhard: Laute
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |