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L’Orchestre de Louis XV. Orchestersuiten
Info
Musikrichtung:
Barock Orchester
VÖ: 07.06.2011 (Alia Vox / Harmonia Mundi / 2 SACD / live 2010 / Best. Nr. AVSA 9882 A-B) Gesamtspielzeit: 107:51 |
EIN MEDITERRAN DURCHGLÜHTER RAMEAU
Nicht, dass es noch einer weiteren Einspielung bedurft hätte, um einen Nachweis für das Genie Jean-Philippe Rameaus zu erbringen. Aber hier verbindet sich der Einfallsreichtum des französischen Barock- und Rokoko-Komponisten mit dem Genius des Spaniers Jordi Savall und seines Ensembles Le Concert des Nations. Und diese Fusion zeitigt ein so hinreißendes Ergebnis, dass dieser Konzertmitschnitt von vier Orchestersuiten in keiner Sammlung klassischer Musik fehlen sollte.
Die mediterrane Lesart Savalls und sein durch die jahrzehntelange Beschäftigung mit mittelalterlicher, außereuropäischer und improvisierter Musik geschärfter Instinkt lassen die Stücke ganz unverbraucht klingen. Auch wenn Rameau auf gewisse Weise für die letzte Verfeinerung des französischen Rokoko steht: Seine Musik ist doch mehr als ein Musterbuch vorklassischer Orchestrierungskünste. Sie ist auch mehr als die niveauvolle Zerstreuung für ein aristokratisches Publikum. So elegant diese Stücke auch gefügt sein mögen, aus ihnen spricht eine manchmal schon dionysische Vitalität. Dass der Komponist zumindest in seiner Tanzmusik die Vision eines durch und durch klingenden Körpers realisierte, das kann man in den anderen Einspielungen seiner Musik zwar auch spüren - hier aber ist es zu hören und zu fühlen (die Füße fangen beim Schreiben dieser Rezension wieder wie von selbst an zu wippen …).
Was für ein Elan! Was für eine Energie! Was für eine Farbenpracht (dass Savall in der Boreades- und Zoroastre-Ouvertüre die damals noch ganz neuartigen Klarinetten durch die konventionelleren Oboen vertreten lässt, ändert daran nichts)! Und was für ein opulentes Klangbild! So gelingt die Quadratur des Kreises: Die kleinteilige Faktur von Rameaus Musik erscheint plötzlich von großzügigem sinfonischem Atem erfüllt. (Frappierend z. B. die wuchtige Eröffnung der Ouvertüre zu Zoroastre oder das ekstatische Pathos beim Entrée des Peuples in den Boréades.)
Dass das Schlagzeug eine prominente Rolle einnimmt, versteht sich bei Savall und seinem langjährigen Spezialisten Pedro Estevan eigentlich von selbst. Gleich die Ouvertüre von Les Indes galantes bekommt durch den Einsatz des Tambours einen ganz eigenen, gewissermaßen pikanten „goût“. Aufdringlich wirkt das nicht, sondern einfach nur sehr gekonnt, auch sonst, wenn sich z. B. die perkussiven Effekte mit dem Charme rustikaler Musetten und Piccoloflöten verbindet.
Nun erweist sich Savall aber bei Rameau nicht nur als ein Freund klanglicher und motorischer Energie, sondern er weiß, wie man die Musik organisch atmen und fließen lässt. Dass das rhythmische Herz dieser Produktion bei den lebhaften Stücken am hingebungsvollsten schlägt, ist nicht zu überhören. Trotzdem: Bei insgesamt flüssigen Tempi spürt Savall hinter all den lebhaften und festlichen immer wieder auch die elegischen Momente heraus, in denen Rameau jenen melancholischen Geist beschwört, der auch in den Gemälden Watteaus anwesend ist. Zusammen mit den beiden CDs über das Orchester Ludwig XIII. und XIV. liegt jetzt auf Alia Vox ein profundes Kompendium der französischen Barockmusik vor.
Das Booklet ist wie immer bei Savalls eigenem Label ausgestattet mit lesenswerten (mehrsprachigen!) Texten und farbigen Fotos.
Ausgezeichnet!
Georg Henkel
Trackliste
01-13 Les Indes galantes 28:43
14-24 Naïs 28:15
CD II
01-09 Zoroastre 21:56
10-17 Les Boréades 28:57
Besetzung
Jordi Savall: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |