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Alle Zeit der Welt
Info
Musikrichtung:
Liedermacher
VÖ: 1985 (Polydor) Gesamtspielzeit: 61:28 |
Die so genannten sozialen Bewegungen - Friedensbewegung, Anti-Atomkraft-Bewegung, Frauen-Bewegung, Lebensstil-Bewegung - brachten auf dem Höhepunkt der Friedensbewegung einen Musikstil zu neuen Ehren, der gerade für die jüngere Generation irgendwo als Unterabteilung des deutschen Schlagers sein Gnadenbrot knabberte.
Der überwiegend unpolitische Rainhard Fendrich gehörte da eigentlich gar nicht zu, konnte den Rückenwind aber nutzen. Mit den an Comedy grenzenden Songs „Oben ohne“ und „Es lebe der Sport“, die den Spießer, der sich auf der Couch an wippenden Titten oder splitternden Sportler-Knochen aufgeilt, vorführten, brachte er es gar zu Chart-Ehren. Mit Wien bei Nacht lieferte er 1985 ein Album ab, das von Christian Kolonovitz und ihm selber für eine Liedermacherscheibe saufett produziert war. Alle Zeit der Welt dokumentiert die darauf folgende Tour mit dem Konzert vom 30. Juni in Wien.
Auch hier ist der Sound so fett und der musikalische Vortrag so mitreißend und emotional mitnehmend, dass man sich das Album auch dann gut anhören kann, wenn man die Texte völlig ignoriert, egal ob man nun den Drum-Sound des Nightfly-Stückes „Zwischen Eins und Vier“, das herrlich hallende „Alle Zeit der Welt“, das groovende „Irgendwann“, das basslastige „Immer weiter“ mit Christian Felkes schönem Saxophon-Solo oder die hymnische Ballade „Rattenfänger“ nimmt, die mit Gitarre und Schlagzeug wahre Gänsehautmomente erzeugt.
Fendrich schießt sich nicht nur auf den Spießer ein, obwohl dessen weibliche Variante noch mal ihre Watschen bekommt, wenn ihr Ehemann ihr Verlangen von ihm in eine Dallas-artige Lebenswelt geführt zu werden mit einem „Wasdwaswawannidatscheawa ?“ (zu Deutsch: Weißt Du was wäre, wenn ich der JR wäre?) „Dann wär ich doch schon lange nicht mehr da.“.
Ansonsten geht er die „Schickeria“ an, („Finanzielle Probleme lacosten mich nur ein Lächeln.“), spiegelt die Atmosphäre des geteilten Berlins, liefert eigenwillige Liebeslyrik („Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk"), bezweifelt in „Irgendwann“, dass man der Anpassung wirklich entgehen kann, macht aber auch deutlich, dass man dem Materiellen nicht völlig verfallen muss, denn „Vü schöner is des G'fühl“ immaterieller Werte.
Mittendrin das herrliche Gedicht „Frühflug“, das den Alltag des VIP beschreibt, dessen finale Pointe aber nur der wirklich versteht, der noch weiß, wer Peter Cornelius ist. Und wenn der Dichter dann zum Abschluss dichtend am Schreibtisch sitzt und sich mit einem resignierten „Ich soll in die Hitparade. Aber jetzt will ich ins Bett.“ von seinem Publikum verabschiedet, dann wird der VIP wieder ganz zum Normalsterblichen.
Tolles Album!
Trackliste
1 | Intro | 1:31 |
2 | Zwischen eins und vier | 5:10 |
3 | Sorglos und blind | 3:53 |
4 | Frühflug | 2:33 |
5 | Schickeria | 3:40 |
6 | Es tuat so weh, wenn man verliert | 3:28 |
7 | Immer weiter | 3:37 |
8 | Wasdwaswawannidatscheawa ? | 3:37 |
9 | Alle Zeit der Welt | 4:10 |
10 | Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk | 3:24 |
11 | Frühling in Berlin | 4:38 |
12 | Es lebe der Sport | 3:34 |
13 | Irgendwann | 4:12 |
14 | Rattenfänger | 5:35 |
15 | Vüschöner is des G'fühl | 4:21 |
16 | Schlafengeh'n | 2:31 |
Besetzung
Cristian Felke (Sax, Voc)
Harald Fendrich (B, Voc)
Andy Radovan (E-Git, Voc)
Joe Reitz (Trompete, Voc)
Christian Kolonovitz (Keys)
Hartmut Pfannmüller (Dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |