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Reviews

Stravinsky, I. (Craft)

Duo Concertant u. a.


Info

Musikrichtung: Klassische Moderne Diverse

VÖ: 04.04.2011

(Naxos / Naxos / CD / DDD / 2005-2008/ Best. Nr. 8.557532)

Gesamtspielzeit: 67:31

EXTREME GESCHMACKSRICHTUNGEN

Eine Stravinsky-Platte für extreme Geschmäcker - bei diesem wandlungsfähigen Künstler ist das allerdings nichts Ungewöhnliches. Die zwischen Abstraktion und Neoklassizismus angesiedelten Kammermusiken, das Duo Concertant für Violine und Klavier sowie die Sonata für zwei Klaviere, eröffnen das Programm mit der Stravinsky-typischen Mischung aus stilisierter Folklore und rhythmischem Drive. Obwohl der Komponist das melodische Material vor allem beim Duo sich weiträumig entfalten lässt, bleibt der Ausdruck doch eher ‚trocken‘, d. h. frei von spätromantischem Pathos. Dafür entwickelt diese fünfteilige „Suite“ vor allem in der schnellen Gigue unwiderstehlichen Drive. Die dreisätzige Sonate wirkt durch die ‚neue Einfachheit‘ ihrer musterartigen Motivreihungen geradezu zeitgenössisch, wenngleich wesentlich zugewandter und humorvoller als das meiste aktuelle Minimalistische.
Gegenüber dieser kunstvollen arte povera nimmt sich die wenig mehr als fünf Minuten dauernde Élegie für Viola um einiges lyrischer und epischer aus. Richard O’Neill entlockt seinem Instrument wohlklingend erdige Farben, ohne dabei zu dick aufzutragen.

Von kammermusikalisch-monumentalem Format sind die beiden großen religiösen Werke auf dieser CD, die Requiem Canticles für Solisten und Orchester und die Geschichte von Abraham und Isaac in Form einer „Sacred Ballad“ für Bariton und Kammerorchester. Beide Werke gehören der späten dodekaphonen Periode des Komponisten an, die sich wie auch seine neoklassische Phase keiner uneingeschränkten Wertschätzung erfreut: zu viel Stil-Mimikry!
Beide Werke sind bei aller Material-Sperrigkeit jedoch ausgesprochen verständlich komponiert; Zwölftönigkeit ist hier kein Selbstzweck, sondern sublimiert den Ausdruck. Die transparente, eher scharffarbige Instrumentierung ist der Totenklage wie auch der dramatischen alttestamentarischen Geschichte sehr angemessen. Anders als in der Vergleichseinspielung unter Michael Gielen (Hänssler Classic), der bei den Canticles einen Anton-Webern-artig konzentrierten und schlanken Klang bevorzugt, lässt der ansonsten oft analytisch-nüchterne Robert Craft das Philharmonia Orchester mit einem Schönbergschen Espressivo musizieren. Leider sind weder Chor noch Solisten auf dem gleichen Niveau wie bei der Gielen-Einspielung. Der vokale Anteil ist weniger präzise und durchgestaltet. Bei der Abraham-Ballade kann der Bariton David Wilson-Johnson vor allem zu Beginn wegen seiner etwas larmoyanten Tongebung nicht recht überzeugen; vielleicht bereitet ihm auch die nicht gerade eingängige hebräische Sprache, die der Komponist seinem biblischen Werk zugrunde legt, Mühe.
Nach diesen strengen Exerzitien beschließt Robert Craft die Produktion leichthändig mit Stravinskys kammerorchestralen Bearbeitungen einiger charmant-beschwingter Tanzsätze aus Tschaikowskys Ballett „Dornröschen“.



Georg Henkel

Trackliste

01-05 Duo Concertant für Violine und Klavier 16:31
06-08 Sonate für 2 Klaviere 10:54
09-17 Requiem Canticles für Solisten & Orchester 15:16
18 Abraham & Isaac für Bariton & Kammerorchester : 13:45
19 Elegie für Viola 5:18
20-23 Tschaikowsky / Strawinsky: Bluebird Pas de Deux 5:32

Besetzung

Jennifer Frautschi: Violine
Jeremy Denk, Ralph van Raat & Marten van Veen: Klavier
Richard O’Neill: Viola
Sally Burgess: Contralto
David Wilson-Johnson: Baritone
Roderick Williams: Bass

Philharmonia Orchestra
Twentieth Century Classics Ensemble

Robert Craft: Leitung
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger